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Wikileaks-Gründer Julian Assange

© AFP

Wikileaks-Gründer Assange: „Man bekommt Skorbut, wenn man keine Sonne sieht“

Seit mehr als einem Jahr wartet Wikileaks-Gründer Julian Assange auf einen positiven Asyl-Bescheid von Ecuador - von jenem Land, das offenbar auch Whistleblower Edward Snowden ansteuert. Doch auch Assange muss sich möglicherweise noch auf einen längeren Aufenthalt in der Londoner Botschaft Ecuadors einrichten.

Kürzlich feierte Wikileaks-Gründer Julian Assange den ersten Jahrestag seiner Flucht in die Londoner Botschaft Ecuadors – vermutlich war es nicht der letzte. Fast zwei Jahre bekämpfte Assange seine Auslieferung nach Schweden wegen Vorwürfen eines Sexualdeliktes auf dem Rechtswege, dann flüchtete er vor der Justiz und fand in einem Zimmerchen in dem Appartement hinter Harrods Zuflucht, wo Ecuadors Botschaft untergebracht ist. Ecuador hat ihm offiziell Asyl gewährt.

„Man bekommt Skorbut, wenn man keine Sonne sieht“, sorgt sich der blasshäutige Assange. Fit hält er sich mit einer Laufmaschine, die ihm Filmemacher Ken Loach schenkte. Ein Ende des freiwilligen Gefängnisaufenthalts ist nicht in Sicht. Nicht einmal wenn Schweden das Auslieferungsbegehren fallen lassen sollte, werde er seine Fluchtburg verlassen, „denn wenn ich durch die Tür gehe, werde ich mit Bezug auf die USA verhaftet“. Assange glaubt, dass längst eine Geheimanklage der USA wegen Verrats gegen ihn vorliegt.

Assanges Situation ist kurios. In der Botschaft ist er sicher vor dem Zugriff der britischen Polizei, sie ist ecuadorianisches Hoheitsgebiet. Aber sobald er das Gebäude verlässt, wird die Polizei ihn verhaften. Er war nur gegen Kaution auf freiem Fuße, hat seine Polizeiauflagen gebrochen, die Anhänger, die für ihn bürgen, haben 293 500 Pfund (344 000 Euro) verloren. Großbritannien denkt nicht daran, dem Justizflüchtling freies Geleit zu gewähren. Vielmehr stehen Polizisten rund um die Uhr am Ausgang der Botschaft und befragen jeden, der das Gebäude betritt oder verlässt, für den Fall, dass Assange sich in Verkleidung aus der Botschaft schmuggeln will. Kosten der Überwachung: bisher rund 4,2 Millionen Pfund (4.7 Millionen Euro).

Großbritanniens Außenminister William Hague und sein ecuadorianischer Amtskollege Ricardo Patino führten jüngst Gespräche über das Problem, aber bis auf die Einrichtung einer gemeinsamen „Arbeitsgruppe“ kam nichts heraus. Dem ecuadorianischen Außenminister hatte Assange bei einem Besuch zum einjährigen Asyl-Jubiläum versichert, er habe die Kraft, noch fünf Jahre in der Botschaft auszuharren. Über Internet führt er von dort die Geschäfte von Wikileaks weiter, gelegentlich hat er Besuch – sogar von Lady Gaga. Er hat, wie der „Evening Standard“ ausrechnete, Take-away-Essen für 9000 Pfund verzehrt, an die 11 000 Tweets (Twitterbotschaften) abgesetzt und spart sich in der Botschaft die Miete für sein kleines Studioflat: etwa 40 000 Euro im Jahr.

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