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Irre Show oder überflüssige Quälerei? Eine Elefantennummer im Zirkus.

© dpa

Wilditere in der Manege: Dieser Zirkus gehört verboten

Elefanten, Tiger, Bären sind keine Dressurknetmasse, mit der man umgehen darf, wie es gerade passt. Sie haben im Clownsgewerbe nichts verloren. Seit 2003 wird ein Verbot gefordert. Es ist überfällig. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Wer will so etwas überhaupt noch sehen: Elefanten mit Strassdekoration auf dem Kopf, die auf einem Sockel balancieren, Raubkatzen, die durch Reifen hüpfen, verkleidete Affen und Bären, die Bälle fangen? Kommt nicht jedem, der dem Kleinkinderbuchalter entwachsen ist, diese Art Unterhaltung total anachronistisch vor? Langweilig, unzeitgemäß – und schrecklich?

Vor 13 Jahren bereits hat der Bundesrat eine Entschließungsempfehlung an den Bundestag für ein generelles Verbot von Wildtieren im Zirkus ausgesprochen, die 2011 erneuert wurde, seit 2010 plädiert auch die Bundestierärztekammer regelmäßig dafür, doch passiert ist bis heute nichts.

"Artgemäße Bedürfnisse" werden ignoriert

Bis heute schaukeln die Zirkus-Dumbos in ihren viel zu kleinen Wandergehegen halbdoof hin und her, werden Wildtiere auf bis zu 20 Stunden währenden Fahrten von Auftrittsort zu Auftrittsort transportiert, im Winter nicht selten unzureichend vor der Witterung geschützt, werden „artgemäße Bedürfnisse“ von Bären, Affen, Tigern ignoriert – was bei Legehennen nicht mehr erlaubt ist.

Knapp 50 deutsche Städte und Gemeinden von Ahaus bis Würselen haben sich in den vergangenen Jahren bereits eigenständig dafür entschieden, Zirkussen mit Wildtieren im Schlepp keine Grünflächen mehr zur Verfügung zu stellen, auf denen die kampieren und auftreten könnten. Seit zwei Wochen gehört auch der Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf zu der Gruppe. Das ist löblich und nachahmenswert. Aber es ist nur Stückwerk. Was hierzulande fehlt, ist ein generelles Verbot.

Elefanten, Raubkatzen, Bären und Affen sind nicht domestizierte Wildtiere, die gehören nicht in den Zirkus, diese selbst ernannte Sensationswelt. Die trägt ihr „Attraktionen“-Konzept auf dem Rücken von Tieren aus, die sich nicht wehren können, die höchstens ausbrechen oder – noch dramatischer – ihre Dompteure angreifen. Wenn man exotische Tiere schon in Gefangenschaft hält, dann stellt das Anforderungen an Unterbringung und pflegerische Sachkunde, die in Zoos abgefragt werden, die aber die meist eher kleinen Wanderzirkusse nicht erfüllen. In denen verkommen Wildtiere zur Dressurknetmasse, die man sich – mit was für Tricks und Mitteln auch immer – gefügig macht und so hinbiegt, wie man es gerne hätte.

Die ganze dazugehörige Einstellung passt nicht in die moderne Zeit, die dem Tier und der Schutzwürdigkeit seiner Bedürfnisse immerhin einen Platz als Staatsziel im Grundgesetz einräumt. „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen“, heißt es dort seit 2002.

13 EU-Länder haben Wildtiere im Zirkus bereits verboten

Da Einzelfallprüfungen zu aufwendig wären und die bisherigen Wildtierhaltungsvorschriften nicht die gewünschten Ergebnisse erbrachten, ist ein völliges Verbot die schnellste, einfachste und auch konsequenteste Lösung.

Deutschland müsste auf diesem Pfad nicht mal voranschreiten: 13 EU-Länder – darunter Bulgarien, Slowenien, Norwegen, Schweden, Portugal, Niederlande, Polen, Dänemark, Griechenland – haben Wildtierhaltung im Zirkus ganz oder sehr weitgehend verboten. Deutschland müsste nur hinterherzuckeln. Macht das aber nicht.

Auch jenseits von Wildtieren im Zirkus hat Deutschland in Sachen Tierschutz – der Staatszielformulierung zum Trotz – einiges nachzuarbeiten. Es gibt nach wie vor zu viele Tierfabriken für Schweine und Hühner, noch immer Hochleistungsmilchkühe, die in Anbindehaltung stehen, und die Zahl der Tierversuche steigt seit 1997.

In keinem Fall ist die Frage nach dem „vernünftigen Grund“ so schnell beantwortet wie im Fall der Zirkusse: Es gibt diesen „vernünftigen Grund“ nicht, der Tierschmerz, -leid oder -schaden am Ende doch rechtfertigen würde. Es gab ihn nie.

Im Zirkus geht es um zweckfreie Unterhaltung, um Vergnügen und Schaulust. Es wird nichts gelehrt, nichts gelernt, nichts hergestellt, nichts bewiesen. Schlimmer noch wird das falsche Bild transportiert, dass sogar wilde Tiere machen, was Menschen wollen, und dass das in Ordnung ist. Der Elefant in der Manege ist ein behäbiger Trottel, der sich auf Podeste dirigieren lässt, der Tiger ein fauchender Fiesling, der vor der Peitsche kuscht.

Zirkusse, die auf Tiernummern nicht verzichten möchten, können sich an Pudel und andere gelehrige Haustierarten halten. Das hätte eventuell noch den positiven Nebeneffekt, dass es die vielen Hundehalter in Deutschland anregt, mal etwas anderes mit ihrem Fiffi zu machen, als um den Block zu gehen oder fernzusehen.

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