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Auf dem Weg. Die Energiewende weg von der Atomkraft hin zu den erneuerbaren Energien ist nach Auffassung der Grünen ein „historisches Projekt“. Foto: Sven Hoppe/dpa

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Politik: Wind für den Wahlkampf

Die Grünen besinnen sich auf ihr Kernthema und stellen die Energiewende ins Zentrum – nach dem Willen der Partei soll dafür ein eigenes Ministerium gebildet werden.

Berlin - Die Grünen wollen im Fall einer Regierungsbeteiligung die Zuständigkeit für die Energiewende übernehmen. Die Kompetenzen dafür sollten „in einem Ministerium in grüner Hand“ gebündelt werden, heißt es im 100-Tage-Programm der Ökopartei, das Spitzenkandidat Jürgen Trittin am Montag vorstellte und das am Samstag auf einem kleinen Parteitag in Bamberg verabschiedet werden soll. „Für uns ist das Gelingen der Energiewende ein historisches Projekt“, sagte Trittin.

Derzeit ist das Umweltministerium für die erneuerbaren Energien und die Reaktorsicherheit verantwortlich, das Wirtschaftsministerium für die restliche Energiepolitik, vom Netzausbau bis zu den konventionellen Kraftwerken. Die Aufteilung auf zwei Ressorts war zu rot-grünen Regierungszeiten eingeführt worden. Die von den Grünen gewünschte Ressortaufteilung sei nicht mit den Sozialdemokraten abgesprochen, sagte Trittin. Dies sei aber auch nicht notwendig. Die Grünen seien „die Energiewendepartei“, erklärte der Bundestagsfraktionschef.

Als weitere Sofortmaßnahmen im Energiebereich kündigte er an, die Verbraucher um vier Milliarden Euro entlasten zu wollen. Dafür sollen umfangreiche Ausnahmen bei der Erneuerbare-Energien-Umlage und den Netzentgelten gestrichen werden. Durch die Politik von Wirtschaftsminister Philipp Rösler und seines Amtsvorgängers Rainer Brüderle (beide FDP) seien unter anderem Autohäuser und Bankrechenzentren von der Netzumlage befreit, und Betriebe, die Hühner schlachten, müssten keine EEG-Umlage zahlen, kritisierte der Grünen-Politiker. Trittin warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber hinaus vor, dass zum ersten Mal seit 20 Jahren der Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase in Deutschland wieder gestiegen sei. „Die Energiewende ist massiven Bedrohungen ausgesetzt.“

Trittin widersprach dem Eindruck, die Grünen wollten mit der Rückbesinnung auf ihr Kernthema die Wahlkampfstrategie korrigieren. „Die Energiewende steht schon länger im Mittelpunkt des Wahlkampfs“, sagte er. Das 100-Tage-Programm beinhaltet auch die Forderung, den Spitzensteuersatz anzuheben, Normalverdiener durch eine Anhebung des Grundfreibetrags zu entlasten und eine Vermögensabgabe zum Schuldenabbau einzuführen. Die Grünen sprechen sich für einen gesetzlichen Mindestlohn und eine Frauenquote aus. Außerdem soll mehr Geld in den Ausbau von Kitaplätzen und einen besseren Personalschlüssel bei der Kinderbetreuung investiert werden. In den ersten 100 Tagen wollen die Grünen „die Subventionen für Mega-Mastanlagen und Schlachtfabriken sowie die Privilegierung der Massentierhaltung im Baurecht streichen“.

Das grüne Regierungsprogramm enthält viele Übereinstimmungen zum Sofortprogramm der SPD, das Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vergangene Woche vorgestellt hat. Differenzen könnte es jedoch beim Thema Kohlestrom geben. Während Steinbrück erklärt hatte, die SPD setze noch jahrelang auf Kohlekraftwerke, legte Trittin am Montag Wert darauf, dass fossile Kraftwerke nur „für einen Übergang“ notwendig seien und sehr effizient sein müssten.

Auf die Frage, ob die Grünen nicht doch noch weich würden, wenn CDU-Chefin Merkel der Partei nach der Bundestagswahl ein Energiewendeministerium anbiete, reagierte Trittin äußerst zurückhaltend. Wer mit den Grünen regieren wolle, müsse die Unterfinanzierung des Staates durch höhere Steuern auf große Einkommen und Vermögen beenden, das Betreuungsgeld abschaffen, die doppelte Staatsbürgerschaft einführen, die Massentierhaltung beenden und die Energiewende wieder auf Kurs bringen. „Meine Auffassung ist, dass CDU/CSU das nicht tun“, sagte Trittin. Rückenwind für Rot-Grün im Endspurt vor der Wahl erhofft er sich auch von einem Treffen der roten und grünen Ministerpräsidenten und ihrer Stellvertreter in Berlin am Donnerstag: „Es geht darum zu zeigen, wo die Unterschiede sind, wenn SPD und Grüne regieren.“

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