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Politik: „Wir beschränken Einfluss des Militärs“ Ankaras Justizminister sieht

auch weniger Folterfälle

Von Hans Monath

Berlin. Der Justizminister der Türkei hat Parlamenten anderer Nationen das Recht abgesprochen, über den Genozid an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs Beschlüsse zu fassen. „Sonst könnte jedes Parlament in jedem Land über die Geschichte eines anderen Landes befinden und sie verurteilen“, sagte der AKP-Politiker Cemil Cicek dem Tagesspiegel in Berlin. Solche Urteile betrachte die Türkei als Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten. Cicek versicherte aber, es werde keine Anklagen wegen Aussagen über die Verfolgung der Armenier im Ersten Weltkrieg mehr geben. „Das ist vorbei“, sagte er. Handlungen, die in EU-Staaten nicht strafbar seien, „sind auch bei uns nicht problematisch“, erklärte der Minister.

Die Türkei strebt den Beitritt zur EU an. Nach Ciceks Angaben hat sich seine Regierung in ihren Reformgesetzen große Mühe gegeben, Vorkehrungen gegen die Folter zu treffen. So seien das Strafmaß erhöht und die Verjährungsfrist verlängert worden. Zudem könnten Anwälte von Beschuldigten nun in allen Stadien eines Verfahrens anwesend sein. „Seitdem wir die Gesetze verabschiedet haben, hat die Zahl der Folterfälle sehr abgenommen“, sagte Cicek. Die Regierung habe eigens eine Überwachungsgruppe gebildet, die streng auf die Einhaltung der Gesetze achten werde.

Der Minister wies darauf hin, dass seine Regierung auch den Einfluss des Militärs auf die nationale Politik beschnitten habe. So habe der Nationale Sicherheitsrat seit Juli „keine exekutiven Befugnisse mehr, sondern nur noch beratende Funktion“. Die Bedingung der EU, wonach es keine Beitrittsverhandlungen ohne eine Lösung der Zypern-Frage geben soll, lehnt die türkische Regierung strikt ab. Auf dem EU-Gipfel von Helsinki sei die Zypern-Frage nicht zu einem Kriterium für einen Beitritt erklärt worden, sagte Cicek: „Jetzt schiebt man diesen Wunsch nach“. Das bedeute nicht, dass die Türkei keine politische Lösung für Zypern wolle. „Wenn sie für beide Seiten gerecht ist, werden wir sie unterstützen“, versicherte der Minister.

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