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Politik: „Wir brauchen Deutschlands Hilfe“

Osttimors Präsident Gusmao über die Probleme und Chancen seines Landes

Deutschland leistet in Osttimor nur 2,75 Millionen Euro Entwicklungshilfe pro Jahr und gehört damit nicht einmal zu den zehn größten Gebern. Enttäuscht Sie das?

Das kann man so nicht sagen. Ich werde bei meinem Besuch in Berlin erklären, wo wir stehen, und darlegen, in welchen Bereichen Deutschland uns helfen könnte. Die UN beenden im Mai 2005 ihre OsttimorMission. Um zu vermeiden, dass wir danach ein scheiternder Staat werden, brauchen wir weiter Hilfe. Vielleicht verstärkt mein Besuch die Bereitschaft.

1999 herrschte Gewalt, Osttimor wurde zerstört. Wie sieht es heute aus?

Es gab drei Prioritäten: Sicherheit, Nothilfe für die Menschen und Aufbau einer Verwaltung. Mit UN-Hilfe hatten wir in allen drei Bereichen Erfolg. Das Land ist jetzt friedlich und politisch stabil. Wer sich auf bestimmte Bereiche konzentriert, muss mit anderen warten. Die Wirtschaft entwickeln und soziale Probleme lösen, das sind jetzt die Herausforderungen. Dabei ist die Arbeitslosigkeit unser größtes Problem. Die Regierung öffnet Osttimor für Investoren, hoffentlich schaffen wir bald Arbeitsplätze.

Osttimor gilt als ärmstes Land Asiens …

Das hängt ja zusammen. Armut ist in der Tat ein Problem, aber es hungert niemand. Viele Familien haben jedoch nicht genug Geld, um ihre Kinder zur Schule oder zum Arzt zu schicken. Natürlich versuchen wir, die Verhältnisse zu verbessern, aber das ist nicht leicht.

Untertreiben Sie nicht ein wenig? Ihr Haushalt ist 100 Millionen US-Dollar klein und selbst die hat Osttimor nicht. Sie haben nicht einmal 50 Ärzte und nur in der Hauptstadt immer Strom.

Ich will die Probleme meines Landes nicht kleinreden. Erst wenn wir Öl- und Gaseinnahmen aus der Timor-See haben, können wir uns tragen und unser Land entwickeln.

Genau da hakt es, weil Australien das Meiste für sich beansprucht und nicht über die Seegrenze verhandeln will.

Die Frage der Verteilung entscheidet, ob wir immer Bettler bleiben oder wirklich unabhängig werden.

Die umstrittenen Seegebiete liegen näher an Osttimor als an Australien. Im April sagten Sie, die Australier seien Diebe. Sehen Sie das immer noch so?

Ich wollte darauf hinweisen, dass wir nicht unfair behandelt werden sollten. Gesetz ist Gesetz. Recht und Unrecht haben nichts mit Größe zu tun. Wir wissen, dass wir ein kleines Land sind. Aber unser Interesse darf nicht weniger wiegen.

Die Australier lehnen internationale Vermittlung ab. Fehlt der gute Wille?

Immerhin verhandeln sie mit uns über die Verteilung von Öl und Gas. Ich hoffe auf Fairness und auf Respekt der Rechte des anderen. Bislang sehe ich das nicht.

Im Mai 2005 ziehen auch alle UN-Soldaten ab. Sie haben nur eine kleine Armee. Wird es australische oder US-Militärbasen in Osttimor geben?

Die brauchen wir nicht. Und es würde Indonesien irritieren. Wir wollen Nachbarschaft mit Vertrauen. Gute Beziehungen zu Indonesien machen Verteidigung fast überflüssig. Wir werden unser Geld besser ausgeben.

Das Gespräch führte Moritz KleineBrockhoff.

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