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Politik: „Wir brauchen Steuereinnahmen, keine Kredite“

Der grüne Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon fordert statt billigem Geld vom Bund eine umfassende Reform der Gemeindefinanzen

Die Bundesregierung stellt ein kommunales Investitionsprogramm in Aussicht – freuen Sie sich als Oberbürgermeister darauf?

Zumindest scheint in Berlin jetzt die Einsicht gekommen zu sein, dass viele Kommunen vor dem Kollaps stehen. Ich zweifle aber, dass uns die Medizin helfen wird, die uns da verabreicht werden soll.

Sie sperren sich allen Ernstes dagegen, dass der Bund Ihnen Geld anbietet, etwa indem er Zinsen für Kredite übernehmen will?

Mein Problem und das vieler anderer Oberbürgermeister besteht doch nicht darin, dass wir die Zinsen nicht bezahlen können, sondern dass uns Kredite nicht mehr genehmigt werden. Wir haben anders als der Bund und die Länder nicht die Möglichkeit, uns extrem zu verschulden, sondern müssen strenge Auflagen einhalten. In der Krise mussten wir schnell reagieren. Wir konnten unseren Haushalt nur retten, indem wir die Investitionen extrem zurückgefahren haben – um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei Personal, Sachmitteln und Zuschüssen ist der Bremsweg viel länger. Weil viele Kommunen so reagieren mussten, verstärkt sich die konjunkturelle Talfahrt. Insofern ist es schon richtig, dass wir wieder investieren müssen. Aber ich glaube nicht, dass der Weg über verbilligte Kreditprogramme Sinn macht.

Was verlangen Sie als Städtevertreter von der Bundesregierung?

Wir brauchen Signale für die mittelständische Wirtschaft. Wir brauchen ein psychologisch wirksames Zeichen für den Neuanfang. Wir müssen in der gegenwärtigen konjunkturellen Lage dafür sorgen, dass wieder investiert wird, dass wieder Arbeitsplätze geschaffen werden. Das geht nur, wenn Renten und Gesundheitssystem reformiert werden, nicht nur mit dem Hartz-Konzept die Arbeitsverwaltung reformiert, sondern auch der Arbeitsmarkt selbst. Die Bundesregierung muss ihre Hausaufgaben machen, dann werden auch die Steuereinnahmen wieder sprudeln. Und die Kommunen, die in der Steuerkaskade ganz unten stehen, werden wieder in die Lage versetzt zu investieren.

Das plant die Koalition bis Sommer. Warum dann nun keine schnelle Konjunkturspritze?

Weil ich nicht weiß, welchen Gemeinden das überhaupt helfen soll. Denjenigen Gemeinden, denen das Wasser bis zum Halse steht, nützen auch verbilligte Kredite nichts. Wir brauchen insgesamt wieder eine Neujustierung der Gemeindefinanzen. Deshalb muss die Gemeindefinanzreform-Kommission, die seit einem Dreivierteljahr tagt, endlich Ergebnisse vorlegen. Wir brauchen eine Neudefinition von Gewerbesteuer, die auch die Freiberufler mit einbezieht. Das trifft den Bund, weil die Freiberufler über Anrechnungen bei der Einkommensteuer entsprechend entlastet werden müssten. Und wir wollen eine Senkung der Gewerbesteuerumlage, die der Bund vor zwei Jahren mutwillig einfach zu seinen Gunsten erhöht hat, ohne dass die Kommunen einen Ausgleich bekommen hätten. Schließlich dringen wir darauf, dass endlich das Konnexitätsprinzip gilt. Das heißt: Wer anschafft, muss auch bezahlen. Der Bund kann nicht dauernd neue Gesetze machen, die dann von den Kommunen ausgebadet werden müssen.

Das Gespräch führte Hans Monath.

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