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Politik: …wir dem Hirn helfen

Heute ist… Moment. Gestern war… Was denn nun?

Heute ist… Moment. Gestern war… Was denn nun? Wir begehen den „Tag des Gehirns“, das ist so weit klar. Aber warum an zwei Tagen? Es könnte eine intelligente Reverenz an die rechte und linke Gehirnhälfte sein, Freitag für die linke, analytische Seite, Sonnabend für die rechte, eher kreative. Oder nur ein Ausdruck der Unfähigkeit, alle verlockenden Programmpunkte an einem einzigen Tag zwischen 0 und 24 Uhr abzuhaken. Egal: Das Gehirn ist im Kommen, gerade in Deutschland.

Das ist auch gut so, weil wir sonst ja nur noch wenig haben, um uns im weltweiten Überlebenskampf zu behaupten. Mit Füßen, Händen, Schultern und all den restlichen Extremitäten können die anderen längst besser umgehen, da müssen wir uns nur die Fußballer ansehen. Oder die Chinesen, die ja längst bessere Vuitton-Taschen nähen als Vuitton selbst und bald eine S-Klasse zusammenschrauben werden, dass Herrn Zetsche der Schnauzbart welkt.

Leider hat die scheidende Bundesregierung das Problem zwar erkannt, aber doch eher fragwürdig behandelt. „Brain up!" hieß die unvergessene Kampagne der Ministerin Bulmahn, was kein Englisch war, aber nach langen Diskussionen doch in die Zuständigkeit der Anglistenzirkel eingeordnet und dort widersprüchlich übersetzt wurde. Die einen meinten, es sei in Analogie zum englischen „Hands up!“ gebildet worden, heiße also „Gehirn hoch!“ wie „Hände hoch, oder ich schieße!“. Dann blieb freilich die Frage offen, was mit dem Hirn da oben passiert. Die anderen fanden eher, die Ministerin orientiere sich an „Shut up!“, wolle also statt „Schnauze halten!“ einfach „Gehirn halten!“ sagen und damit quasi ein ministerielles Denkverbot verhängen. Heute scheint es, als hätten die Parteien sich im Wahlkampf an beiden Interpretationen gleichzeitig orientiert, und das auch noch vergeblich, denn der Wähler hat trotzdem geschossen.

Ah, schon gut. Das war nur ein von der rechten Gehirnhälfte provozierter Exkurs, denn der Tag des Gehirns verweigert sich offensichtlich politischer Einordnung. Er will zeigen, „was Ihr Hirn kann und wie Sie ihm dabei helfen“. Kristallklares Deutsch! Dann allerdings hagelt es gleich wieder los, wir hören von „Computational Neuroscience“, lesen „Mind is beautiful“, erfahren auf der Seite www.berlin-brain. de vom „Berlin Brain-Computer-Interface“ und stehen staunend vor den Toren des „Berlin NeuroImaging Center“. Bis das übersetzt ist, haben wir Sonntag, der Gehirntag ist vorbei, das Denken ruht wieder – und was wird dann aus unserem Land? Vielleicht lässt der Herrgott in seiner Güte doch noch ein wenig Brain regnen über Börrlinn. bm

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