zum Hauptinhalt

Politik: „Wir gelten als ehrliche Makler“

Parlamentspräsident Pöttering will stärkere Rolle der EU im Nahen Osten

EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering ist kein Mann überschwänglicher Gefühle. Insofern entspricht es seiner Natur, wenn er nach seinen politischen Gesprächen in Beirut sagt: „Ich bin gedämpft zuversichtlich.“ Er habe eine positive Grundstimmung bei seinen Gesprächspartnern gespürt und die waren hochrangig: Von Staatspräsident Michel Suleiman über Premierminister Fuad Siniora, Parlamentspräsident Nabih Berri, den libanesischen Außenminister Fawzi Salloukh bis hin zu Abgeordneten beider politischer Lager. Sie alle hätten den Willen ausgedrückt, dem Libanon eine gute Zukunft auf der Grundlage des friedlichen Dialogs zu geben.

Die Arbeit daran ist hart und zäh: Nach dem Abkommen von Doha, das im Mai einem Mini-Bürgerkrieg in und um Beirut ein Ende bereitete, wurden ein Präsident gewählt und eine Allparteienregierung gebildet, der hoffentlich das Parlament nächste Woche das Vertrauen aussprechen wird. Letzte Hürde war die Formulierung der Regierungserklärung: Die pro-westlichen Loyalisten wollten die Kommandogewalt der radikal-schiitischen Hisbollah über ihre Miliz einschränken. Das von der Hisbollah angeführte Oppositionslager konnte sich aber mit einer Formulierung durchsetzen, die das Recht des „Widerstandes“, also der Hisbollah, auf die Befreiung besetzten Landes sowie auf die Verteidigung des Libanon mit „allen legitimen und möglichen Mitteln“ bestätigt.

Der libanesische Parlamentspräsident Berri unterstrich diese Position während eines Essens zu Ehren seines europäischen Gastes mit einer Rede, die nach Einschätzung eines westlichen Diplomaten ungewöhnlich politisch und hart war. Der Chef der schiitischen Amal-Partei erklärte, der Widerstand der Hisbollah ist „unser Stolz“. Pöttering meint hingegen, dass europäischen Vorstellungen zufolge das Machtmonopol beim Staat liegen müsse. „Unsere Forderung muss bleiben, dass wir nicht einen Staat im Staate haben oder Gemeinschaften, wie im Libanon, die ein Gewaltmonopol für sich in Anspruch nehmen.“ Dass die Hisbollah Teil der libanesischen Regierung sei, mache die Lage nicht einfacher. Die Libanesen hoffen nun auf einen nationalen Dialog, den Präsident Suleiman einberufen will. Ganz oben auf der Tagesordnung stehen die Waffen der Hisbollah.

Zurückhaltend zeigt sich der Christdemokrat gegenüber dem Vorstoß mehrerer Parteien im EU-Parlament, die Hisbollah auf die EU-Liste der Terrororganisationen zu setzen. Pöttering: „Wir sollten jetzt nicht von außen Aktionen unternehmen, die diese Erwartungen auf Frieden im Libanon stören. Wir sollten der inneren Entwicklung auf der Grundlage eines friedlichen Dialogs eine Chance geben.“ Erfolgsgarantien gebe es jedoch keine.

Die Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses ist eines der Hauptanliegen des EU-Parlamentspräsidenten bei seiner Reise, die ihn am Samstag zum Abschluss nach Syrien führt. „Wenn der Prozess für die Mittelmeerunion Erfolg haben soll, dann geht es nicht ohne Frieden im Nahen Osten, und den wird es ohne Syrien nicht geben.“ Deshalb sei es wichtig, Syrien einzubinden, gleichzeitig aber auch konkrete Schritte von Damaskus zu fordern. Der 62-Jährige wünscht sich größere Eigeninitiativen der Gemeinschaft im Friedensprozess: „Ich plädiere für eine stärkere Rolle der EU.“ Die Europäer würden im Nahen Osten als „ehrlicher Makler“ angesehen, eher als die Amerikaner, und das sollte man nutzen. „Gegner der Amerikaner zu werden, wäre nicht nur unklug, es widerspräche allen unseren Interessen und Wertvorstellungen. Aber wir können eigene Akzente setzen.“

Birgit Kaspar[Beirut]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false