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Politik: „Wir können nicht untätig zuschauen“

Verteidigungsminister Jung hält Bundeswehreinsatz im Kongo für möglich – und will Kosten verlagern

Berlin - Angesichts anhaltender Skepsis in der Koalition zu einem Kongo-Einsatz der Bundeswehr hat sich Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) zur Verantwortung in Afrika bekannt. „Wir können nicht untätig zuschauen, wenn es neue Gefahren etwa durch Gewaltexzesse gibt“, sagte Jung der „Bild am Sonntag“.

„Gegebenenfalls gibt es dann auch eine Beteiligung der Bundeswehr gemeinsam mit anderen EU-Partnern. Aber so weit sind wir noch nicht.“ Verteidigungspolitiker von Union und SPD hatten erhebliche Bedenken gegen einen Kongo-Einsatz deutscher Soldaten angemeldet. Jung sagte: „Die EU-Staaten werden jetzt in einer gemeinsamen Delegation Beobachter entsenden. Der nächste Schritt wäre eine Mission, die vor Ort erkundet, welche Kräfte dazu benötigt würden.“ Die Europäische Union (EU) habe eine gemeinsame Verantwortung, Gewalt wie beim Völkermord in Ruanda zu verhindern. Die Vereinten Nationen (UN) hatten die EU um Unterstützung durch Streitkräfte zur Absicherung der ersten freien Wahlen seit Jahrzehnten in der Demokratischen Republik Kongo Ende April gebeten.

Laut „Spiegel“ wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine Beteiligung deutscher Truppen an einer EU-Militäraktion im Kongo verhindern. Sie wollten darüber am Montag beim Treffen mit Frankreichs Präsident Jacques Chirac in Versailles sprechen. Im Kabinett hatte Jung Bedenken gegenüber der von Frankreich befürworteten Überlegung geäußert, eine EU-Eingreiftruppe in die Demokratische Republik Kongo zu entsenden. Diese sei noch im Aufbau und bestehe derzeit aus 1500 Deutschen und vier Franzosen. Seit Jahren ist das Land durch kriegerische Auseinandersetzungen gezeichnet.

Wie Jung der „Bild am Sonntag“ weiter sagte, will er Kosten der Bundeswehr von anderen Haushalten übernehmen lassen: „Wir haben in den letzten Jahren im Verteidigungsetat so viele Einsparungen hinnehmen müssen, dass für die Bundeswehr die finanzielle Grenze erreicht ist.“ Die Soldaten müssten aber gleichzeitig in ihren gefährlichen Einsätzen optimal mit Gerät und Schutzausrüstung ausgestattet werden. „Das ist die gemeinsame Verantwortung der gesamten Bundesregierung“, sagte Jung. Deshalb wolle er im Fall einer Verlängerung der Erdbebenhilfe für Pakistan die Kosten für vier Bundeswehrhubschrauber aus dem Verteidigungsetat auslagern, sagte der Minister. „Das ist eine humanitäre Aufgabe“, deshalb müssten die Kosten nicht aus dem Wehretat, sondern aus dem Gesamthaushalt bezahlt werden.

Auch in den Koalitionsverhandlungen sei festgestellt worden, dass neue Aufgaben für die Bundeswehr aus dem Gesamthaushalt bezahlt werden sollten. Das gelte auch für einen möglichen Einsatz im Kongo. Jung sagte, er wolle auch den Forschungs- und Entwicklungsetat der Bundesregierung und den Bereich Gebäudesanierung für die Bundeswehr in Anspruch nehmen. „Bei der Kabinettsklausur in Genshagen sind wir uns einig geworden, dass im Bereich Forschung und Entwicklung, für den sechs Milliarden Euro vorgesehen sind, auch der militärische Bereich berücksichtigt wird“. dpa/ddp

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