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Politik: „Wir können uns nicht aus Afghanistan zurückziehen“

Grünen-Chefin Angelika Beer über eine Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes und Absprachen mit den USA

Gibt es eine Absprache: Berlin schickt mehr Soldaten nach Afghanistan, die USA fragen dafür nicht nach deutschen Soldaten für den Irak?

Nein. Das wäre auch politisch fatal. Wenn wir die Bundeswehr einsetzen, dann für ein vernünftiges politisches Ziel, nämlich zur Ermöglichung des Friedensprozesses und freier Wahlen in Afghanistan. Das ist schwieriger, als wir erwartet hatten. Das hat nichts mit dem Irak zu tun. Es gibt keinen Deal, sondern die Weigerung der USA und Großbritanniens, die Federführung über die Zukunft des Iraks an die UN abzutreten. Die Amerikaner haben den Präventivkrieg gegen unseren Willen und trotz vieler Warnungen vor einer Destabilisierung des Landes geführt. Leider ist genau das eingetreten. Sie können mir glauben: Ich wünschte, unsere Befürchtungen wären nicht wahr geworden.

Lange hat Berlin die Ausweitung des KabulEinsatzes abgelehnt. Was hat sich geändert?

Der Friedens- und Stabilisierungsprozess auf der Grundlage von Petersberg II läuft schleppender als gehofft. Angesichts massiver Probleme kann man sich durchaus die Frage stellen, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn man das Mandat für die internationale Schutztruppe Isaf schon vor einem Jahr erweitert hätte. Die vor uns liegende Entscheidung zur Erweiterung des Isaf-Mandats und ein Einsatz der Bundeswehr zum Schutz von Wiederaufbauteams zum Beispiel in Kundus wird ein schwieriger Abwägungsprozess: Al Qaida und Taliban haben sich neu organisiert und Strukturen ausgebaut.

Reicht ein deutsches Aufbauteam, wenn man auch außerhalb von Kabul für Stabilität sorgen will?

Nein. Es liegt auf der Hand, dass alleine durch 200 weitere deutsche Soldaten nicht der Friedens- und Stabilisierungsprozess bis zu den Wahlen 2004 gewährleistet werden kann. Mit unserem Bemühen, das UN-Mandat für die Isaf auszudehnen, verfolgen wir in erster Linie das Ziel, die Situation für die Bevölkerung durch mehr internationales Engagement beim Wiederaufbau zu verbessern. Es gibt Anzeichen dafür, dass einige Truppensteller die Zahl ihrer Soldaten reduzieren wollen, weil sie diese in den Irak schicken wollen. Das würde den Aufbauprozess gefährden. Dies gilt es zu verhindern. Für uns gibt es keine „Rückzugs- oder Abzugsoptionen“.

Müsste Deutschland dann nicht noch mehr Soldaten schicken, um den Prozess zu retten?

Wir unterstützen die Bemühungen der Bundesregierung um eine internationale Diskussion darüber, wie die Stabilität Afghanistans mit neuen Anstrengungen und verbesserten Konzepten erreicht werden kann. Da liegt unsere Verantwortung, und dafür ist eine Erweiterung des Isaf-Mandats erforderlich.

Das Gespräch führte Hans Monath.

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