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Politik: …wir nicht einmal mehr Bahnhof verstehen

Wir müssen uns das ungefähr so vorstellen: Da sitzen ein paar reiche Leute beispielsweise in Honolulu oder Dnjepropetrowsk. Sie wollen anlegen – und schon wird ihnen aus Deutschland eine heiße Aktie angeboten.

Wir müssen uns das ungefähr so vorstellen: Da sitzen ein paar reiche Leute beispielsweise in Honolulu oder Dnjepropetrowsk. Sie wollen anlegen – und schon wird ihnen aus Deutschland eine heiße Aktie angeboten. Deutsche Bahn AG! Echt mal, sagen die Reichen dann irritiert, was ist das denn für ein Name? Wollen die Germans uns Bananen andrehen? Ja, und so fließt das schöne Geld, das die Bahn dringend gebraucht hätte, in irgendeine Klitsche, die schlau genug war, sich vorher einen schnittigen Namen zuzulegen.

Na, jedenfalls befürchten das jetzt die Bahner – und wollen ihr Unternehmen zum Börsengang umbenennen. Schon brodelt es bei allen Namensfindungsagenturen, die so schöne Nullworte wie „Aventis“ geboren haben oder auch „E.on“, nur echt mit dem Punkt. Doch sie freuen sich vergeblich auf ein fettes Honorar, denn der Name ist ja, pssst, längst gefunden. „Germanrail“ heißt das Unternehmen demnächst, vielleicht auch GermanRail oder German.rail oder … „Ich fahr zu meinen Kindern nach Heidelberg“, sagt die moderne Oma demnächst, „und zwar mit der Tdschörmen Rehl von der Ssentrel Stehschen Börrlinn.“

Das ist, zugegeben, noch eine Hypothese, aber alle Indizien deuten darauf hin. McClean, Info Point und BahnCard haben den Weg bereitet, das Firmenkundenportal der Bahn hört auf den einprägsamen Namen „bahn.corporate“, und auch ihr allerneuestes Produkt „Surf&Rail“ (übersetzt: „Wellenreiten und Fluchen“) belegt die Souveränität der Bahnmanager, die sich nicht lange mit nationalen Sprachschranken herumschlagen, wenn es den Globus zu erobern gilt. Die einst so hausbackene Paketpost hat es ihnen vorgemacht: „Fulfilment“ verspricht man bei DHL mit sanft religiösem Klang und offeriert den Kunden „Track and Trace für jedermann“ – offenbar handelt es sich um Donalds neue Neffen Tick, Track and Trace. Ah, die Luft der großen weiten Welt!

Allerdings: Hoffentlich erinnern sich die künftigen Aktionäre nicht allzu genau daran, wie es deutschen Unternehmen namens „Lobster Solutions“ oder „Sunburst Merchandising“ gegangen ist, und wie es Infineon geht. Der größte deutsche Technik-Reinfall, Toll Collect, hat sogar einen denglischen Namen der absoluten Superduper-Kategorie – und was hat der geholfen?

Vielleicht sollte es die Bahn einfach mit was ganz Altbekanntem versuchen: Reichsbahn AG. „Oh! Look at these bloody Krauts!“ werden sie in Honolulu sagen, „die haben’s einfach drauf.“ Und schon fließt das Kapital…bm

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