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Politik: „Wir sind die Partei der kleinen Leute“

Stoiber kritisiert Pläne der Herzog-Kommission / Merz: Pförtner und Chef haben das gleiche Krankheitsrisiko

München (miw/Tsp). Der Vorsitzende der CSU, Edmund Stoiber, hat sich in wesentlichen Punkten von den Vorschlägen der HerzogKommission distanziert. Zwar müsse der Sozialstaat Deutschland reformiert werden, sagte Stoiber am Mittwoch in München. Gleichzeitig jedoch sei der Sozialstaat das „einigende Band in Deutschland“. Wenn „elementare soziale Sicherheiten nicht mehr sicher sind“, sagte Stoiber, „dann werden viele Menschen die Ausgleichsmechanismen in unserem Land insgesamt in Frage stellen.“

Absolute Priorität innerhalb einer zukunftsgerichteten Sozialpolitik in Deutschland haben demnach nach Ansicht der CSU Familien mit Kindern beziehungsweise Alleinerziehende mit Kindern. „Wir haben in der Vergangenheit ideell und materiell zu wenig für Kinder getan“, sagte Stoiber. Konkret schlug er vor, dass für jedes Kind bis zum zwölften Lebensjahr ein Kinderbonus von 50 Euro gegeben werden solle und der Rentenversicherungsbeitrag dann entsprechend sinke. Die Belastungsgrenze für den Rentenversicherungsbeitrag solle bei 20 Prozent gezogen werden. „Keine Generation darf der anderen Generation mehr zumuten als sie selbst zu tragen bereit ist oder zu tragen hatte“, so Stoiber.

Ausdrücklich wandte sich der bayerische Ministerpräsident sowohl gegen die Bürgerversicherung als auch gegen die Kopfpauschale, wie sie die Herzog-Kommission vorgeschlagen hat. Die Bürgerversicherung sei nicht zukunftsfähig, weil sie nicht zu mehr, sondern weniger Wettbewerb führe. Nach wenigen Jahren würde die Bürgerversicherung vor den gleichen ungelösten Strukturproblemen stehen wie heute. Auch die Kopfpauschale ist nach den Worten Stoibers „in der jetzt diskutierten Form kaum realisierbar“. Die Herzog-Kommission sehe vor, dass die Bürger zusätzlich zu den Kosten der Gesundheitsreform in den kommenden zehn Jahren 27 Milliarden Euro jährlich für die Umstellung auf ein Kopfpauschalensystem und noch einmal sieben Milliarden jährlich zur Umstellung auf ein Prämiensystem in der Pflege aufbringen sollten. „Diese Belastungen würden viele Bürger überfordern“, sagte Stoiber. Höhere Einkommen könnten mehr tragen als niedrigere, sagte Stoiber. Bei diesem Grundsatz wolle die CSU bleiben, zumal sie sich „seit mehr als vier Jahrzehnten als eine Partei der kleinen Leute“ verstehe.

Auch Unionsfraktions-Vize Friedrich Merz gab zu, dass er bei der Finanzierung eines sozialen Ausgleichs für die Kopfpauschale noch Klärungsbedarf sehe. Allerdings halte er es für gerecht, dass ein Firmenchef künftig den gleichen Krankenkassenbeitrag bezahlen soll wie ein Pförtner, weil beide das gleiche Krankheitsrisiko hätten, sagte Merz.

Die CSU kritisierte auch die von der Herzog-Kommission geforderte „Zurückführung“ der Witwenrenten. „Die Wahlfreiheit für Frauen, entweder Beruf oder Familie zu vereinbaren oder im Interesse der Kindererziehung auf eine weitere Berufstätigkeit zu verzichten, gehört zum programmatischen Kernbestand der Union“. Der Plan könnte sich als kinderfeindlich herausstellen.

CDU-Chefin Angela Merkel stellte sich am Mittwoch dennoch erneut hinter das Konzept der Herzog-Kommission. Stoiber selbst sah trotz der unterschiedlichen Positionen keine Schwierigkeiten zwischen CDU und CSU: „Das werden wir austarieren.“ Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers kritisierte den früheren Arbeitsminister Norbert Blüm scharf, der sich am Dienstagabend deutlich vom Herzog-Konzept distanziert hatte. Rüttgers sagte dem Inforadio Berlin-Brandenburg: „Wir brauchen Norbert Blüm, aber Norbert Blüm muss aufpassen, dass er nicht zum Oskar Lafontaine der CDU wird.“

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