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Nichts wie weg: Berlusconis Partei „Volk der Freiheit“ scheint vorerst aus dem Spiel – die Sozialdemokraten lehnen eine große Koalition kategorisch ab. Foto: Alessandro Bianchi/rtr

© REUTERS

Politik: „Wir stehen nicht zum Verkauf“

Italiens eigentlicher Wahlsieger Grillo schimpft weiter. Doch Mitte-Links will lieber ihn als Berlusconi.

Zu vier Jahren Haft und zu fünf Jahren Ausschluss von öffentlichen Ämtern ist Silvio Berlusconi im Oktober vergangenen Jahres verurteilt worden. Jetzt geht der Prozess in zweiter Instanz seinem Ende entgegen – und auch hier hat die Mailänder Staatsanwaltschaft diesen Freitag das gleiche Strafmaß gefordert. Berlusconis Fernsehkonzern Mediaset soll überhöhte Lizenzgebühren in die USA überwiesen haben, um mit den Mehrbeträgen Schwarzgeldkonten im Ausland anzulegen. Die Staatsanwälte sehen darin Steuerhinterziehung in zweistelliger Millionenhöhe.

Gleichzeitig haben sich wieder neapolitanische Staatsanwälte an Berlusconis Fersen geheftet. Auch wenn die Anschuldigungen von dieser Seite regelmäßig im Sande verlaufen, werfen sie ihm unter großem Medienrummel vor, mit drei Millionen Euro 2007 einen Senator der Linken gekauft zu haben, um die Regierung von Romano Prodi zu torpedieren. Prodi stützte sich im Senat anfangs nur auf drei Sitze Mehrheit. Sie gingen aber bis Anfang 2008 durch Überläufer verloren.

Berlusconi protestiert heftig gegen die Vorwürfe. Am Freitag wehrte er sich sogar mit einem wütenden Auftritt vor Gericht gegen die „grundlosen Anschuldigungen“ einer „politisierten Justiz“, die gerade jetzt, unmittelbar nach der Parlamentswahl Einfluss auf die Geschicke Italiens nehmen wolle. Pünktlich zur Konstituierung des neuen Parlaments am 15. März will Berlusconis Partei deswegen ihrerseits eine Massendemonstration in Rom organisieren.

Die Versuche, eine regierungsfähige Mehrheit für eine neue Regierung zusammenzubekommen, treten derweil auf der Stelle. Der Führer der „Fünf-Sterne-Bewegung“, Beppe Grillo, wirft den Sozialdemokraten vor, mit „Angeboten wie auf dem Kuhmarkt“ seine Anhänger abwerben zu wollen: „Dauernd tragen sie uns Posten an: die Präsidentschaft des Abgeordnetenhauses, Ausschussvorsitzende, Ministersessel. Aber wir sind verantwortungsvolle Personen, wir stehen nicht zum Verkauf.“

Die Sozialdemokraten unter dem glücklosen Wahlsieger Pier Luigi Bersani brauchen die Unterstützung der „Grillini“, um im Senat eine regierungsfähige Mehrheit zu erreichen. Die rechnerisch zweite Möglichkeit, eine große Koalition mit Berlusconis „Volk der Freiheit“ einzugehen, stößt in der Partei auf nahezu geschlossene Ablehnung. Massimo D’Alema, ehemaliger Außenminister und Graue Eminenz der Sozialdemokraten, musste einen entsprechenden Vorschlag schnell wieder zurückziehen, Bersani schloss diese Lösung in einem Interview kategorisch aus. „Mauscheleien“ mit Berlusconi dürfe es nicht geben, befindet die Partei. Auch mit Grillo, so teilte die Führung der Sozialdemokraten am Freitag über Twitter mit, gebe es „keine geheimen Verhandlungen. Wir spielen mit offenem Visier.“

Bei den Sozialdemokraten arbeiten unterdessen einige am „Plan B“ für den zu erwartenden Fall, dass Bersani mit der Regierungsbildung scheitert. Gezielt lancierte Mediengerüchte brachten am Freitag den Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, als Alternative zu Bersani ins Spiel. Der für einen Wandel stehende 38-Jährige hatte im Dezember 2012 die parteiinternen Vorwahlen gegen Bersani verloren.

Am Freitag wies Renzi alle Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs zurück: „Ich stoße Bersani nicht den Dolch in den Rücken. Ich bleibe Bürgermeister in Florenz. Klar?“

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