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Wirtschaftskrise: Wirtschaftsministerium startet 100-Milliarden-Notfonds

Notleidende Unternehmen können ab sofort finanzielle Hilfe bei der Bundesregierung beantragen. Ein entsprechender milliardenschwerer Rettungsfonds wurde jetzt verabschiedet.

Nach dem Rettungsschirm für Banken können auch notleidende Unternehmen einen staatlichen Notfonds anzapfen. Noch in der ersten März-Hälfte können Kredite und Bürgschaften aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden "Wirtschaftsfonds Deutschland" beantragt werden. Das geht aus einem am Mittwoch in Berlin bekanntgewordenen Papier des Bundeswirtschaftsministeriums hervor.

Als Kandidaten für mögliche Staatshilfen gelten unter anderem der Autobauer Opel und der Zulieferer Schaeffler/Conti. Die bis Ende 2010 befristeten Hilfen sind an Auflagen geknüpft. Unter anderem müssen tragfähige Konzepte vorliegen. Für Zündstoff in Union und SPD sorgt ein neues Beratergremium mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften, das zusätzlich eingeschaltet werden soll. Vor allem Haushaltspolitiker lehnen dieses neue Gremium als überflüssig ab.

Maximaler Kreditbetrag beträgt 300 Millionen Euro

Der Hilfsfonds besteht aus einem Kreditprogramm der staatlichen KfW von 25 Milliarden Euro für größere Unternehmen und einem Bürgschaftsprogramm von 75 Milliarden Euro. Das vom Bund garantierte Kreditprogramm ist bis Ende 2010 befristet und gilt für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 500 Millionen Euro. Der maximale Kreditbetrag pro Antragsteller beträgt in der Regel bis zu 300 Millionen Euro. Einschließlich des KfW-Sonderfonds für Mittelständler stehen mit dem "Wirtschaftsfonds" den Unternehmen 115 Milliarden Euro an Krediten und Bürgschaften beziehungsweise Garantien zur Verfügung.

Das Wirtschaftsministerium dringt auf "zügige Entscheidungen". Kleinere Kredit- und Bürgschaftsfälle sollen "in den bewährten Strukturen" entschieden werden. Bei größeren Beträgen und Fällen von grundsätzlicher Bedeutung ist - wie beim Banken-Rettungsfonds Soffin - ein Lenkungsausschuss mit Spitzenvertretern der Ministerien und des Kanzleramts am Zug. Dies gilt bei Krediten über 150 Millionen Euro je Fall und bei Bürgschaften ab einem Volumen mit einem Bundesanteil von 300 Millionen Euro. Fälle über 300 Millionen Euro werden zudem dem Haushaltsausschuss des Bundestages vorgelegt.

Lenkungsrat soll über Förderung beraten

Als zusätzliches Beratergremium wird es einen "Lenkungsrat Unternehmensfinanzierung" geben, der sich aus acht "Persönlichkeiten mit besonderen Erfahrungen in Wirtschafts- und Finanzfragen" zusammensetzt. Dem "Lenkungsrat" gehören der frühere Industrie-Präsident Michael Rogowski sowie der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt, an. Weitere Mitglieder sind der ehemalige niedersächsische Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP), Ex-Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke (SPD), die Unternehmer Jürgen Heraeus und Nikolaus Knauf, Ex-Schering-Chef Hubertus Erlen und der Ökonom Martin Hellwig.

Bei seiner Empfehlung soll der Lenkungsrat die "besondere volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit" des Unternehmens berücksichtigen - also die Bedeutung etwa für die Branche, Beschäftigung und Region. Auch muss ein Unternehmen zukunftsfähig sein. Die Finanzhilfe darf zudem nicht zu "gravierenden Wettbewerbsverzerrungen" führen. Der Antragsteller muss von der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise betroffen sein. Schließlich müssen "alle anderen alternativen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft sein". Endgültig entschieden wird vom Lenkungsausschuss.

Kritik an zusätzlichem Gremium

Haushaltspolitiker der Koalition lehnen ein zusätzliches Gremium als "völlig überflüssig und nutzlos" ab. Es gebe mit dem Bürgschaftsausschuss von Bund und Ländern funktionierende Strukturen. Wirtschaftsjunioren kritisieren die Besetzung des Lenkungsrates. "Wenn es um die Zukunft unserer Wirtschaft geht, brauchen wir keinen Club der Pensionäre, der in Hinterzimmer-Manier auskungelt, welche Unternehmen gestützt werden", sagte der Bundesvorsitzende Stefan Kirschsieper. (ut/dpa)

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