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Wirtschaftspolitik: Guttenberg will Unternehmen entlasten

Ein 63 Seiten langes "Industriepolitisches Gesamtkonzept" aus dem Haus von Minister Karl-Theodor zu Guttenberg wird von der SPD heftig kritisiert. Doch das Ministerium wiegelt ab. Das Papier sei obsolet.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Ein 63 Seiten langes „Industriepolitisches Gesamtkonzept“ aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird von der SPD heftig kritisiert. Das Papier, das auf Anfang Juli datiert und von Guttenbergs Ministerium als „eine Stoffsammlung, die obsolet ist“, charakterisiert wurde, bezeichnete Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) als neoliberale Politik. Guttenberg entlarve sich damit als „Lobbyist der großen Energiekonzerne“, sagte der Minister dem Tagesspiegel.

Das Papier an sich listet eine ganze Reihe von Gesetzen und Verordnungen auf, die aus Sicht der Verfasser geändert werden müssten, um die deutsche Industrie gestärkt aus der Finanz- und Wirtschaftskrise herauskommen zu lassen. Politische Brisanz entfalten die Vorschläge wegen des anlaufenden Bundestagswahlkampfes und dem vor zwei Wochen von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vorgelegten Deutschlandplanes. Die SPD hatte danach ihre politischen Gegner aufgefordert, ähnliche Konzepte vorzulegen.

Ein solches sieht man nun in dem Papier aus dem Hause Guttenberg – auch wenn das Ministerium am Samstag danach trachtete, der Ausarbeitung den Status eines offiziellen Konzeptes zu nehmen, und darauf hinwies, dass der Minister es nicht freigegeben habe. Dennoch: Guttenbergs Beamte haben in dem Konzept für beinahe jeden finanz- und wirtschaftspolitischen Bereich Forderungen aufgelistet, die auf eine Entlastung der Wirtschaft hinauslaufen. So sind Vergünstigungen und mehr Spielraum für die Unternehmen bei der Steuergestaltung vorgesehen.

Dagegen solle die Steuer auf Lebensmittel, Zeitungen und Kulturgüter wieder angehoben werden. Auch in der Gesundheits- und Umweltpolitik, so das Papier, müsse die Politik der Wirtschaft weiter entgegenkommen. Konkret wird unter anderem vorgeschlagen, Teile der gerade erst in Kraft getretenen Unternehmenssteuerreform rückgängig zu machen und die Gewerbesteuerregelungen unternehmerfreundlicher zu gestalten.

Außerdem müssten die Beiträge zu den Sozialversicherungen „soweit wie möglich von den Arbeitskosten entkoppelt werden“. Im Bereich Arbeitsmarkt kritisieren die Verfasser des Papiers den Mindestlohn als hinderlich für den Beschäftigungsaufbau und fordern mehr Flexibilität bei Arbeitsverträgen. Der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, sprach von einem „Dokument der sozialen Kälte“. Guttenberg habe die Katze aus dem Sack gelassen. Nach der Wahl wolle Schwarz- Gelb die kleinen Leute für die Krisenkosten zur Kasse bitten.

Derweil will nun auch die FDP einen „Deutschlandplan“ vorlegen. In einem fünfseitigen Papier fordern die Liberalen insbesondere mehr Augenmerk für Bildung und Forschung. „Eigeninitiative statt Planwirtschaft“ soll im Wissenschaftsbereich Vorrang bekommen, Forschung soll steuerlich bessergestellt werden. Außerdem soll ein bundeseinheitliches Stipendiensystem eingerichtet werden.

Im Energiebereich setzt die FDP unter anderem auf die Verlängerung der Laufzeit „sicherer“ Kernkraftwerke und die „frühere Abschaltung unsicherer und störungsanfälliger Meiler“. Zusatzgewinne von Kernkraftwerksbetreibern sollen für Forschung ausgegeben werden. Außerdem soll der Kauf von Elektroautos in Zukunft „subventionsfrei“ unterstützt werden - etwa durch Vorrang-Parkplätze in Innenstädten. Am kommenden Montag will die FDP-Führung das Papier verabschieden.

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