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Politik: Wisconsin entmachtet Gewerkschaft

Washington - Die neue republikanische Landtagsmehrheit im US-Staat Wisconsin hat die Verhandlungsrechte der Gewerkschaften für Staatsbedienstete weitgehend abgeschafft. Sie dürfen künftig nur noch über die Lohnhöhe verhandeln, aber nicht mehr über Lohnzusatzleistungen wie eine bessere Krankenversicherung oder eine zusätzliche Altersversorgung aus der Staatskasse.

Washington - Die neue republikanische Landtagsmehrheit im US-Staat Wisconsin hat die Verhandlungsrechte der Gewerkschaften für Staatsbedienstete weitgehend abgeschafft. Sie dürfen künftig nur noch über die Lohnhöhe verhandeln, aber nicht mehr über Lohnzusatzleistungen wie eine bessere Krankenversicherung oder eine zusätzliche Altersversorgung aus der Staatskasse. Das neue Gesetz nimmt den Gewerkschaften auch das Recht, zwangsweise Mitgliedsbeiträge einzutreiben; sie dürfen nur noch freiwillige Zahlungen annehmen. Und es beschränkt ihr Recht, Mitgliedsbeiträge für Wahlkampfspenden zu verwenden.

Der Abstimmung am Mittwochabend war ein dreiwöchiger Machtkampf vorausgegangen, in dem 60 000 Menschen vor dem Parlament protestierten und es zeitweise besetzten. 14 demokratische Abgeordnete boykottierten die Sitzungen, um den Landtag beschlussunfähig zu machen und flohen in den Nachbarstaat Illinois. Der neue republikanische Gouverneur von Wisconsin, Scott Walker, hatte die Landespolizei nach ihnen fahnden lassen, um sie ins Parlament zurückzubringen; doch die Zuständigkeit dieser Polizei endet an der Staatsgrenze.

Gouverneur Walker und die Republikaner begründen das neue Gesetz mit dem Zwang, die hohe Staatsverschuldung zu reduzieren. Aus ihrer Sicht sind die Lohnkosten für Staatsbedienstete unbezahlbar geworden, weil die Gewerkschaften üppige Lohnzusatzleistungen durchgesetzt haben, die in der Privatwirtschaft nicht üblich sind. Dies sei nur deshalb möglich gewesen, weil die Gewerkschaften aus den Mitgliedsbeiträgen millionenschwere Wahlkampfspenden an die Demokraten bezahlen. Und die stimmten im Gegenzug den ausufernden Tarifverträgen für Staatsbedienstete zu, zulasten der Steuerzahler.

Ursprünglich hatte Walker die Klauseln zur Entmachtung der Gewerkschaften in einem Gesetzentwurf zum künftigen Budget eingebracht. Für dessen Verabschiedung war eine Anwesenheit von mindestens 20 Senatoren erforderlich. Die Republikaner haben nur 18 Sitze im Senat. Am Mittwoch entfernte Walker alle Paragrafen mit direktem Budgetbezug aus dem Gesetz; in dieser Fassung ist ein geringeres Anwesenheitsquorum vorgeschrieben. Die Republikaner verabschiedeten den neuen Entwurf binnen 30 Minuten in beiden Kammern, dem Abgeordnetenhaus und dem Senat, ohne eine Debatte über ihren Inhalt zuzulassen.

Die Entmachtung der Gewerkschaften in Wisconsin hat hohe symbolische Bedeutung. Es war der erste US-Staat, der Gewerkschaften zuließ. Er ist geprägt durch deutsche und skandinavische Einwanderer. Die Hauptstadt Madison hatte jahrzehntelang deutsche Bürgermeister mit sozialistischer Weltanschauung.

In Umfragen ist eine klare Mehrheit zwar für die Kürzung der Lohnzusatzleistungen für Staatsbedienstete, aber zugleich gegen die Beschneidung der Gewerkschaftsrechte. Kommentatoren erwarten, dass der Machtkampf den Republikanern schadet und den Gewerkschaften nützt. Christoph von Marschall

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