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Politik: Wissen, wo es lang geht

Gabriel und Platzeck flanieren im Park von Sanssouci

Von Michael Mara, Potsdam

Wären da nicht die Bodyguards, würden die beiden Regierungschefs niemandem auffallen. In hellen Sporthemden, ohne Krawatte und Jacke, spazieren Matthias Platzeck und Siegmar Gabriel bei der Schlössernacht durch den festlich illuminierten Park Sanssouci. Platzeck, der schon als Kind hier herumstromerte, macht es Spaß, die Rolle des Führers zu übernehmen. „Matthias wird schon wissen, wo es lang geht“, bemerkt der 42-jährige Niedersachse hintersinnig. Spekulationen, dass hinter dem Treffen der beiden SPD-Ministerpräsidenten so kurz vor der Bundestagswahl mehr stecken könnte als das Interesse am preußischen Arkadien, weisen beide zurück: Der „private Besuch“ sei im November, als der 49-jährige Platzeck noch Potsdamer Oberbürgermeister war, verabredet worden.

Aber natürlich reden die beiden Länderchefs, die in der SPD für den Fall einer Wahlniederlage Gerhard Schröders schon als künftige Leitfiguren der Partei gelten, an diesem romantischen Abend auch über Politik. Auf einem Nebenweg zum Neuen Palais erzählt Platzeck von den enormen Summen, die Sanssoucis Restaurierung verschlingt und kommt auf den Nachholbedarf im Osten zu sprechen: Man habe erst knapp die halbe Wegstrecke zurückgelegt. Gabriel hört aufmerksam zu, fragt nach („Was müssen wir nach Deiner Meinung noch in die Infrastruktur stecken?"). Offenbar hat er beim Thema „Osten“ Nachholbedarf. „Im Februar wird bei uns gewählt, zeig’ mir doch danach drei oder vier Tage Brandenburg“, bittet er.

So wird es abgemacht. Dass er die Wahl gewinnt, ist für Gabriel keine Frage. Er muss sie gewinnen, wenn er, was Parteigenossen vermuten, in Schröders Fußstapfen treten will. Und er braucht Verbündete. Platzeck, der auf Bundesebene als nicht so ambitioniert wie Gabriel gilt, ist einer. Zwischen beiden stimmt die Chemie, das merkt man später im alten Reiterrondell am Neuen Palais.

Schonungslos werden in kleiner Runde die Wahlkampfsünden der SPD analysiert. Nicht alles, was die Kampa gemacht hat, gefällt den beiden, Franz Münteferings „Bild“-Anzeige eingeschlossen. Und auch ein Wahlplakat mit Gerhard Schröder wird kritisch kommentiert. Entscheidend werde sein, sagt Gabriel, wer bei den TV-Duellen das bessere Bild abgebe und die Unentschlossenen überzeuge. Nicht offen gesprochen wird bei Wein und Bier darüber, was passiert, wenn die SPD die Wahl verlieren sollte. Aber Zukunftsgedanken machen sich die beiden doch. Als Platzeck und Gabriel vor dem mitternächtlichen Feuerwerk noch zu einem kleinen Spaziergang aufbrechen, kommentiert ein Vertrauter des märkischen Regierungschefs: „So oder so. Die beiden werden die Partei in den nächsten 15 bis 20 Jahren prägen."

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