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Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert von der Bundesregierung eine Reform der Hart-IV-Regelsätze. Eine erneute Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird angestrebt.

© dpa

Wissenschaftler: Hartz IV-Satz immer noch grundgesetzwidrig

Der DGB verlangt die Anhebung des Hartz-IV-Regelsatz. Der Grund: Wissenschaftler entdecken falsche Berechnungen. Langlebige Gebrauchsgüter wie Fahrräder oder Kühlschränke werden falsch berücksichtigt.

Die neuen Hartz-IV-Regelsätze sind nach Ansicht von Wissenschaftlern immer noch grundgesetzwidrig. In einem Gutachten für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung kommt der Rechtsprofessor Johannes Münder von der Technischen Universität Berlin zu dem Ergebnis, dass eine Anzahl von Regelungen „in unterschiedlicher Weise mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar sind“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verlangte am Montag von der Bundesregierung eine schnelle Reform der Hartz-IV-Bezüge. Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach kündigte an, der DGB werde eine erneute Klage vor dem Bundesverfassungsgericht unterstützen. Die Bundesregierung hatte Anfang 2011 den Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene um fünf Euro auf 364 Euro im Monat angehoben. Die Neuberechnung war notwendig geworden, nachdem das Karlsruher Gericht die bisherige Erhebung als verfassungswidrig bezeichnet hatte.

Problematisch ist nach Ansicht von Münder unter anderem, dass aus der Vergleichsgruppe nicht die verdeckt Armen herausgerechnet wurden. Als Maßstab für die Höhe der Hartz-IV-Bezüge werden also auch die Personen herangezogen, deren Einkünfte unter dem Existenzminimum liegen. Die Folge: Die Regelsätze fallen dadurch geringer aus. Die Höhe der Hartz-IV-Leistungen richtet sich nach dem Konsumverhalten der unteren Einkommensbezieher in Deutschland, das alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamts erfasst wird. Für die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) führen die Befragten drei Monate lang ein Haushaltsbuch, in dem sie all ihre Einnahmen und Ausgaben aufschreiben.

In seinem Gutachten kritisiert der TU- Professor, dass die Ausgaben für langlebige Gebrauchsgüter – wie Fahrräder, Kühlschränke oder Fernseher – nicht vernünftig erfasst werden. Bedenklich ist nach Ansicht von Münder außerdem, dass der Gesetzgeber einen Teil der Ausgaben aus normativen Gründen gestrichen hat, vom Alkohol bis zu den Kosten für die chemische Reinigung von Bekleidung, ohne dass es hierfür einen Ausgleich gibt. Die Dortmunder Armutsforscherin Irene Becker kritisiert in einer weiteren Studie darüber hinaus, dass die Fallzahlen bei Kindern so gering sind, dass die erhobenen Daten eigentlich nicht vernünftig verwertbar sind.

Dass die Bundesregierung die Regelsätze für Erwachsene zum 1. Januar 2012 um zehn auf 374 Euro im Monat anheben will, reicht nach Ansicht des DGB nicht aus. Die Anpassung der Hartz-IV-Leistungen an die Löhne und Preise erfolge zu langsam, kritisiert der Gewerkschaftsbund. Für Kleinkinder ist laut Arbeitsministerium ein Aufschlag um vier auf 219 Euro geplant, für ältere Kinder soll der Regelsatz im nächsten Jahr aber konstant bleiben.

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