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Politik: Wo Gentechnik drin ist, muss Gentechnik draufstehen

Straßburg. Das Europäische Parlament hat sich für eine Verschärfung der Kennzeichnungspflichten für gentechnisch veränderte Lebensmittel ausgesprochen.

Straßburg. Das Europäische Parlament hat sich für eine Verschärfung der Kennzeichnungspflichten für gentechnisch veränderte Lebensmittel ausgesprochen. Demnach sollen Lebensmittel auch dann gekennzeichnet werden, wenn in ihnen keine Spuren gentechnischer Veränderung mehr zu finden sind. Das gilt etwa für Öl aus gentechnisch verändertem Raps. Das Parlament senkte zudem den Schwellenwert, bis zu dem gentechnisch veränderte Organismen (GVO) ohne Kennzeichnung in einem Lebensmittel enthalten sein dürfen. Die Kommission hatte einen Wert von einem Prozent vorgeschlagen, das Straßburger Parlament entschied sich aber für 0,5 Prozent. Neu ist auch die Kennzeichnung von Gentech-Futtermitteln. Dagegen fand ein Antrag, auch das so erzeugte Fleisch zu kennzeichnen, knapp keine Mehrheit. Allerdings muss der Ministerrat dieser Richtlinie noch zustimmen.

Die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer jubelte dennoch: ,,Das ist ein großer Erfolg für den Verbraucherschutz und ein großer Erfolg für den Öko-Landbau.“ Dagegen kritisierte die Sprecherin des EU-Verbraucherkommissars David Byrne, Beate Gminder: ,,Dieser Schwellenwert ist unrealistisch.“ Die EU-Kommission ist der Meinung, dass allenfalls ein Prozent zuverlässig nachgewiesen werden kann. Zumal es nicht genügend Labors dafür gibt. Beatrix Tappeser, Gentechnik-Expertin des Freiburger Öko-Instituts, sagt dagegen: „Die technische Nachweisgrenze liegt bei 0,1 Prozent.“ Allerdings gibt sie zu, dass der Messaufwand beim niedrigeren Schwellenwert höher und eine „methodische Herausforderung“ sei. Auch das Freiburger Unternehmen Genescan Europe, das sich auf den Nachweis spezialisiert hat, sieht keine technischen Probleme.

Tappeser lobt die Entscheidung des Parlaments und sieht darin ein „weiteres Indiz dafür, dass die Europäer großen Wert auf vorsorgenden Verbraucherschutz legen“. Auch Verbraucherministerin Renate Künast ist zufrieden mit der Vorgabe des Parlaments. Dass die Richtlinie allerdings die Beratungen im EU-Ministerrat übersteht, ist trotzdem unwahrscheinlich. Die Gentechnik-Verordnung wird derzeit nämlich blockiert – von beiden Seiten. Für die einen geht die Fesselung der Gentechnik zu weit, die anderen wollen die grüne Gentechnik gar nicht. Seit fast vier Jahren werden in der EU keine Anträge zur Freisetzung von Gentech-Pflanzen mehr genehmigt. Elf Anträge zur Zulassung von ,,neuartigen Lebensmitteln“ liegen unerledigt in den Schubladen der Behörden.

Dagmar Dehmer/Thomas Gack

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