zum Hauptinhalt

Politik: Wo ist John Kerry?

Bushs Herausforderer hält sich mit Kritik zurück

Von Matthias B. Krause,

New York

Schlimmer hätte es für George W. Bush kaum kommen können: Die Kämpfe im Irak sind so blutig wie seit Monaten nicht mehr – beinah stündlich gibt es Meldungen über getötete US-Soldaten. Edward Kennedy spricht bereits von „Präsident Bushs Vietnam“. Doch ausgerechnet einer ist von der öffentlichen politischen Bühne fast verschwunden, der sich das am wenigsten leisten kann – der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry. Mittlerweile fragen sich Parteifreunde: Wann schlägt er endlich zu?

Am Dienstag absolvierte Kerry seinen ersten Wahlkampfauftritt nach seiner Schulteroperation in Cincinnati, und natürlich war auch die Irakpolitik der Regierung ein Thema. „Ich denke, sie wollen die Truppen so schnell wie möglich abziehen, ohne auf die Stabilität im Irak Rücksicht zu nehmen.“ Gefragt nach einem Konzept für den Irak, blieb er allerdings vage: „Es gibt so viele Dinge, die man anders machen kann, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll.“ Dann wiederholte Kerry seine seit Monaten gleiche Predigt: Die internationale Gemeinschaft müsse eingebunden werden, um die gesamte Dynamik der Besetzung und des Wiederaufbaus zu ändern.

Doch die Wahlkampfkasse des Senators füllt sich. Von Januar bis März hat er eigenen Angaben zufolge 43 Millionen Dollar eingesammelt, Rekord für einen demokratischen Kandidaten und fast so viel wie Bush, der über 50 Millionen Dollar verfügt. Analysten gehen davon aus, dass die Unterstützung für Kerry zunimmt, weil immer mehr Amerikaner nur einen Wunsch haben: Bush aus dem Amt zu jagen.

Doch mit Geld allein kann der Demokrat die Wahl nicht gewinnen. In den nationalen Nachrichten kommt der Bush-Herausforderer kaum vor, sein Bekanntheitsgrad ist noch immer gering. Gleichzeitig wirkt die millionenschwere Anzeigenkampagne des Bush-Lagers. Während das Bild des Präsidenten durch das Desaster im Irak und die Kontroverse um die Vermeidbarkeit der Anschläge vom 11. September Schaden genommen hat, sind die allgemeinen Zustimmungsraten für den Amtsinhaber erstaunlich stabil. Teilweise hat er Kerry sogar überholt.

Kerry weiß offenbar nicht, mit welchem Thema er sich in das Bewusstsein des Volkes drängen will. Steuern, Haushaltsloch, Sozialsystem? Oder doch der Irak und der 11. September? Seine Berater, so ist zu hören, wären schon froh, wenn er überhaupt endlich angreifen würde.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false