zum Hauptinhalt
Grenzenloser Profit versprach Berlins Immobilienmarkt. Nun sagen Experten das Abebben von Zuzug und Nachfrage voraus.

© picture alliance / ZB

Wohnungsmarkt in Berlin: Das Ende des Immobilienbooms steht bevor

Immer nur nach oben ging es mit Berlins Wohnungspreisen. Doch "die Party ist vorbei", sagen Experten. Die Preise seien übertrieben hoch. Für einige könnte es ein böses Erwachen geben.

Den heiß gelaufenen Wohnungsmärkten in Deutschland steht eine Trendwende bevor. Vor allem in Berlin – aber auch in Städten wie München und Hamburg – sind die Preise für Wohnimmobilien so hoch, dass die Experten vom Zentral Immobilien Ausschuss (ZIA) warnen: Haus- und Grunderwerb rechne sich nur noch, wenn die Wette auf weiter steigende Mieten aufgeht. Doch dafür stünden die Chancen schlecht. Besonders in Berlin, weil die Anziehungskraft der Hauptstadt schwinde.

„Die Party ist vorbei, wer jetzt kommt, muss beim Aufräumen helfen“, sagt Harald Simons, Vorstand beim Forschungsinstitut Empirica und ZIA-Mitglied. Seit fünf Jahren stiegen die Kaufpreise stärker als die Mieten. Extrem niedrige Zinsen für Baugeld, moderate Immobilienpreise und der Zuzug in die Städte hätten den Preisauftrieb befeuert. Das habe aber heute bundesweit zu einer „Preisübertreibung von 16 Prozent“ geführt, in Berlin um 50 Prozent und München sogar um 75 Prozent. Derart aufgeblähte Kaufpreise für Wohnungen seien ohne kräftige Anhebung der Mieten nicht rentabel.

Von einer Immobilien-Blase spricht ZIA-Chef Andreas Mattner trotzdem nicht – dafür machten die überhitzten Märkte einen zu kleinen Teil des deutschen Wohnungsmarktes insgesamt aus. Und weil die Banken nur einen Teil des Kaufpreises finanzieren würden, sei auch nicht mit einer Krise im Finanzsystem zu rechnen. „Allenfalls Zahnärzte aus Stuttgart würden ihr Eigenkapital verlieren, wenn sie heute eine Wohnung in Prenzlauer Berg kauften und in einigen Jahren wieder verkauften.“ Kurzum, es sei mit einem Rückgang, aber nicht mit einem Zusammenbruch der Wohnungspreise zu rechnen.

Weniger Menschen ziehen in die Städte

Getragen war der Preisauftrieb bisher auch vom Zuzug in die großen Städte. Doch dieser Trend ist nach dem nun vorgestellten 288 Seiten starken „Frühlingsgutachten“ gebrochen. Sowohl bei der „Binnenwanderung“ innerhalb Deutschlands als auch bei der „Fernwanderung“ aus dem Ausland verzeichneten die „Schwarmstädte“ Berlin, Hamburg und München eine „schwindende Anziehungskraft“. Für das vergangene Jahr sei ein letztes Mal durch die Neuanmeldung von Geflüchteten mit einem Wachstum der Bevölkerung und einer stärkeren Wohnungsnachfrage zu rechnen.

Dagegen sagte Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär in der Senatskanzlei: „Trotz dieses Szenarios bleibt der Wohnungsmarkt in Berlin sehr angespannt. In 2016 war der Bevölkerungsanstieg sehr hoch, schon im ersten Halbjahr mit über 40.000 zusätzlichen Einwohnern." Neubau sei weiterhin nötig, um den Wohnungsmangel zu reduzieren und die Preissteigerung zu begrenzen. Berlin bleibe also für den Wohnungsbau ein interessanter Standort. Aber möglich erscheine endlich auch eine begrüßenswerte Abnahme der Spekulationsdynamik. Damit würde gleichzeitig der Mietenanstieg verlangsamt.

Die Annahmen aus dem ZIA-Gutachten decken sich mit den Zahlen des Landesamtes für Statistik Berlin Brandenburg. Demnach zogen in den vergangenen fünf Jahren fast durchgängig mehr Deutsche aus Berlin weg als in die Stadt. Und auch die Zahl der fortziehenden Ausländer stieg stetig, was sich aber im Saldo mit der zuletzt kräftig gestiegenen Zahl der geflüchteten Neuberliner nicht niederschlug.

Käufer spekulieren auf immer steigende Mieten

Die Experten warnen auch deshalb, weil wegen der Hoffnung auf ungebremstes Wachstum viele tausend genehmigte Projekte nicht realisiert werden: gut 10.000 Wohnungen im Jahr. Das lohne sich bisher, weil die Kaufpreise steigen. Diese Spekulation schlägt aber fehl, wenn Berlins Anziehungskraft schwinde.

Bundesweit wurden nach Aussage des Bundesbauministeriums im vergangenen Jahr mehr als 340.000 Wohnungen genehmigt – geringfügig weniger als zur Deckung der Nachfrage nötig.

Zur Startseite