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Wolfgang Bosbach, CDU

© dpa

Wolfgang Bosbach will gegen Griechenland-Hilfe stimmen: „Die Kuh, die quer im Stall steht“

Zustimmen oder zurücktreten: Wolfgang Bosbach ist einer der profiliertesten Innenpolitiker, mit dem Kurs seiner Partei unter Angela Merkel hat er aber oft seine Probleme. Dieses Dilemma gehört zum täglichen Geschäft der Politik. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Antje Sirleschtov

Es gibt Politiker, die schmeißen hin. Weil ihnen der Kurs ihrer Partei nicht mehr passt, weil sie sich von Parteifreunden nicht mehr verstanden fühlen oder einfach, weil sie von der ewigen Suche nach Kompromissen die Nase voll haben. Irgendwann verabschieden sie sich. In die Wirtschaft, in ihre alten Jobs oder einfach in den Ruhestand.

Für Wolfgang Bosbach dürften all die Gründe für einen solchen Rücktritt zutreffen. Der Mann ist seit mehr als 40 Jahren Politiker, sitzt seit geraumer Zeit für die CDU Nordrhein-Westfalens im Bundestag und gehört als einer der profiliertesten Innenpolitiker schon lange zu denen, die Angela Merkels Modernisierungskurs nur mit Bauchgrimmen folgen können. 2011 musste sich Bosbach von Merkels damaligem Kanzleramtschef Ronald Pofalla sogar sagen lassen, er könne seine „Fresse“ nicht mehr sehen, weil er dem Europäischen Rettungsfonds EFSF nicht zustimmen wollte.

Ihm fehlen die ausreichenden Belege

Nun stimmt der Bundestag am Freitag über die Verlängerung der Griechenland-Hilfe ab, die Bosbach schon seit Jahren mehr als argwöhnisch beäugt und der er dieses Mal „nicht zustimmen“ wird, wie er sagt. Gleichzeitig spricht er über Rückzug. Und doch tritt er nicht zurück. Er kündigt es nur an. Es falle ihm schwer, „immer wieder gegen die eigene Fraktion zu stimmen“, sagt er und, dass er keine Kuh sein wolle, die „quer im Stall“ steht. All das sei „Anlass zum Nachdenken“ über einen Abschied. Konsequenz sieht gewiss anders aus.

Seit Jahren fehlen Wolfgang Bosbach die Belege für die einst im Gegenzug zu den Finanzhilfen der Europäer zugesagten Reformen der Griechen. Nun soll es weitere Unterstützung geben, ohne Gewähr, dass die jetzt versprochenen Reformen zuverlässiger umgesetzt werden. Bosbach hätte also Grund genug zu sagen: Bis hierher und nicht weiter, ich gehe. Warum er es nicht tut? Warum er noch darüber nachdenken will bis zum Sommer, seine Entscheidung sogar abhängig machen will von der Frage, ob dann die EU den Griechen mit einem dritten Hilfspaket unter die Arme greifen wird? Man könnte es auch eine leere Drohung nennen. Aber wahrscheinlich ist es viel komplizierter, menschlicher. Denn der innere Konflikt, über den Wolfgang Bosbach im Fernsehen offen spricht, der gehört für beinahe alle seiner Kollegen zum täglichen Geschäft: Politik, das wusste schon Max Weber, ist das tägliche Suchen nach Kompromissen, „ein starkes langsames Bohren von harten Brettern“.

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