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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

© Wolfgang Kumm/dpa

Wolfgang Schäuble und der Bundeshaushalt 2017: Ganz entspannt

Der Bundesfinanzminister lobt seinen Etat für das Wahlkampfjahr. Die Aussichten sind himmelblau. Da will er jetzt sogar den Ländern bei den Integrationskosten entgegenkommen.

Wolfgang Schäuble war ganz entspannt. Zwar sprach der Bundesfinanzminister am Mittwoch bei der Vorstellung des vom Kabinett gerade beschlossenen Bundeshaushalts für 2017 immer wieder von „geopolitischen Risiken“ – es ist schließlich für den, der die Kasse hüten muss, niemals ein Fehler, ein paar dunkle Wolken auszumachen, wenn der haushaltspolitische Himmel so sommerlich blau strahlt. Und es gibt diese Risiken ja auch, die Briten haben gerade erst mit dem EU-Austrittsvotum für eines mehr gesorgt. Aber dass Schäuble seinen Etat für das Wahljahr 2017 deswegen als risikobehaftet dargestellt hätte, nein, das konnte man nicht sagen. Die Schatulle des Bundes ist voll wie nie. Die Steuereinnahmen steigen, was Schäuble auch als Folge der Haushaltspolitik der großen Koalition deutet. Alle Ressorts dürfen mehr ausgeben. Die Verkehrsinvestitionen steigen, die für Bildung und Forschung auch, es wird mehr getan für Sicherheit, innere wie äußere. Insgesamt steigen die Ausgaben um 3,7 Prozent auf knapp 329 Milliarden Euro. Und sie sind durch die Einnahmen gedeckt, darauf ist Schäuble besonders stolz. Denn die schwarze Null wird wieder gehalten, wie seit 2014 schon. Selbst die steigenden Flüchtlingskosten hat der Bundesetat weggesteckt wie nichts. Der Schuldenstand sinkt weiter, nach der ebenfalls vorgelegten Finanzplanung erfüllt Deutschland schon 2020 wieder die Euro-Vorgabe, weniger als 60 Prozent Schulden gemessen an der eigenen Wirtschaftsleitung zu haben. Solide, verlässlich, nachhaltig sei dieser Haushalt, sagte Schäuble, und so ähnlich wird es wohl auch auf den CDU-Wahlplakaten im kommenden Jahr stehen. Ob Schäuble nun selber noch einmal antritt oder nicht. Dass der ausgeglichene Haushalt nicht zuletzt durch die niedrigen Zinsen möglich wird und die damit noch auf Jahre hinaus sinkenden Zinsausgaben, erwähnte er nicht. Dann müsste Schäuble ja auch gut über die EZB und Mario Draghi sprechen.

SPD betont Investieren und Soziales

Und da die SPD nicht so recht weiß, wie sie mit der Haushaltspolitik der Koalition, der sie angehört, umgehen soll, kann „solide, verlässlich, nachhaltig“ 2017 sogar das Alleinstellungsmerkmal der Union sein. Die Sozialdemokraten sind hin und her gerissen zwischen der Erfüllung des Koalitionsvertrags, der mit seiner Fixierung auf den ausgeglichenen Haushalt eine Balance zwischen Konsolidieren und Investieren ergibt, und einer expansiveren Haushaltspolitik mit deutlich mehr Ausgaben. Das zeigte sich am Mittwoch darin, dass SPD-Generalsekretärin Katharina Barley dem Bundesfinanzminister „ideenlose Knauserei“ vorwarf, während die Sozialdemokraten dafür gesorgt hätten, dass die Investitionen in „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ stiegen – die beiden obersten Haushälter der SPD-Fraktion, Carsten Schneider und Johannes Kahrs, aber auch das Festhalten an der schwarzen Null herausstellten. Und was heute richtig ist, wird ja im Wahlkampf im nächsten Jahr nicht plötzlich falsch sein. Schäuble war so entspannt, dass selbst die ständigen Forderungen der Ministerpräsidenten nach mehr Geld, das dauerhafte binnenpolitische Risiko also, ihm gar nicht mehr so schlimm erscheinen wollten. Er signalisierte Entgegenkommen bei dem Begehren der Länder, vom Bund mehr Bundesmittel für die Integration von Flüchtlingen zu bekommen, ja sogar eine abschließende Verständigung an diesem Donnerstag kündigte Schäuble an. Das hatte er vor drei Wochen noch abgelehnt – aber da Bayerns Regierungschef Horst Seehofer jetzt daran erinnerte, dass die Acht-Milliarden-Forderung der Länder „gestaffelt auf drei Jahre“ gemeint sei, gab sich Schäuble gnädig. Allerdings müssten die Länder „von dritter Seite“ prüfen lassen, ob sie die vom Bund ausgereichten Mittel auch ordnungsgemäß verwendeten.

Hart beim Finanzausgleich

Beim Finanzausgleich will er dagegen nicht nachgeben. Jedenfalls jetzt noch nicht. Da werde es beim Treffen der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag keine Vereinbarung geben. Allenfalls könne man darüber reden, ob man noch in dieser Wahlperiode dahin komme. Es war schon bemerkenswert, wie ein zwar mächtiger, aber doch auch einfacher Bundesminister hier die Ergebnisse eines Treffens von Regierungschefs vorwegnahm – zumal für Mittwochabend noch eine Runde der Unions-Oberen zu dem Thema angesetzt war.
Doch Schäuble will den im Dezember vorgelegten Vorschlag der Länder für die Neuregelung des Finanzausgleichs partout nicht akzeptieren und versucht (man möchte hier fast sagen: etwas unentspannt), mit einem Gegenmodell und einem halben Dutzend Zusatzforderungen, in enger Kampfgemeinschaft mit den Haushaltspolitikern der Koalitionsfraktionen, das Ländermodell zu torpedieren. Das hält er jetzt sogar für nahe an der Verfassungswidrigkeit – jedenfalls passt es laut Schäuble nicht zur gegenwärtigen Regelung im Grundgesetz. Dass man die ändern kann, so wie man sie schon mehrfach geändert hat, sagt er nicht. Und dass die Länder den horizontalen Ausgleich, also den solidarischen Ausgleich unter sich, durch ein rein vertikales System, ersetzen wollten, wie Schäuble darlegte, ist schlichtweg falsch. Das Ländermodell mag seine Macken haben, aber es findet auch weiter ein solidarischer Ausgleich der Länder unter sich statt – nur eben allein über die Umsatzsteuerverteilung, während der alte Länderfinanzausgleich (der über die Landesetats lief) darin aufgeht. Aber auch das sieht Schäuble entspannt – gibt es keine Einigung, wird die bisherige Finanzausgleichsregelung eben über 2019 hinaus verlängert. Dass das für den Bund freilich ein bisschen teurer werden könnte als der Status quo, und damit gar nicht so viel vorteilhafter ist im Vergleich mit dem Ländervorschlag, das kann man ja erklären, wenn es so weit ist.

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