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W. Ischinger

© dapd

WOLFGANG ISCHINGER: „Krieg wäre der Bankrott der Politik“

Wie wahrscheinlich ist ein israelischer Angriff auf iranische Nuklearanlagen?Trotz viel Säbelrasselns auf beiden Seiten ist ein Angriff eher unwahrscheinlich.

Wie wahrscheinlich ist ein israelischer

Angriff auf iranische Nuklearanlagen?

Trotz viel Säbelrasselns auf beiden Seiten ist ein Angriff eher unwahrscheinlich. Er würde nicht zum militärischen Erfolg, also zum Sieg einer Seite, sondern zu einem Nullsummenspiel führen. Es gäbe Verlierer auf allen Seiten, selbst wenn das iranische Nuklearprogramm dadurch um etliche Jahre zurückgeworfen werden könnte.

Was folgt aus der deutschen Unterstützungszusage für Israel?

Jedenfalls kein Automatismus zum militärischen Eingreifen! Denkbar erscheinen politisch-militärisch-defensive Unterstützungsleistungen, wie sie auch schon früher erbracht wurden, etwa im Golfkrieg. Klar muss dabei freilich sein, dass Deutschland nichts tut oder erklärt, was als Vorab-Billigung eines militärischen Präventivschlags gegen den Iran gewertet werden könnte.

Müsste Deutschland in diesem Fall Israel militärisch beistehen – und wie?

Jedenfalls dürfte es keine Teilnahme an offensiven militärischen Handlungen geben – solange dafür kein Mandat des UN-Sicherheitsrates vorliegt! Massive (defensive) Verteidigungshilfe an Israel wäre aber nicht nur möglich, sondern angesichts der Erklärungen der Bundesregierung auch, fast zwingend, geboten. Ich denke an Patriot-Raketen, Hilfe zur Abwehr von ABC-Angriffen oder Radar- Unterstützung.

Sollte sich die Bundesregierung auf

diesen Fall vorbereiten, oder tut sie das nach Ihrer Kenntnis schon?

Die Bundesregierung muss immer für den „Worst Case“ planen. Sie tut das auch hier, aber ohne die Planungsüberlegungen öffentlich zu diskutieren. Das ist – zu Recht – Geheimsache.

Ist in diesem Fall auch mit nicht symmetrischen Reaktionen des Iran zu rechnen, wie etwa Angriffe auf Schiffe in der Straße von Hormus oder Anschlägen islamistischer Terrorgruppen?

Ja, eine Eskalation mit katastrophalen Folgen wäre nicht auszuschließen. Deshalb ist es so wichtig, dafür zu sorgen, dass wir für den Fall des Scheiterns der gegenwärtigen Sanktionspolitik nicht ausschließlich auf die Option Krieg angewiesen sind. Das wäre der Bankrott der Politik, der Diplomatie. Könnte der Iran gegebenenfalls durch Abschreckung und Containment, ähnlich wie früher die Sowjetunion, als Nuklearmacht neutralisiert werden? Das ist eine der Fragen, die sich stellen. Sicher kein erfreuliches Szenario, sogar ein sehr unbefriedigendes Szenario, aber vielleicht immer noch besser als Krieg, dessen schreckliche Konsequenzen, wie wir seit Clausewitz wissen, nicht absehbar sind!

Wolfgang Ischinger leitet

die Münchner Sicherheitskonferenz.

Das Gespräch führte Hans Monath.

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