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Politik: Wowereit: Gysi trat nicht wegen Stasi-Kontakten zurück

Abgeordnetenhaus wählt Ende August Nachfolger / PDS kämpferisch / Wahlforscher uneins über Auswirkung auf Bundestagswahl

Berlin (babs/Ch.B./Gru/I.B./m.m.). Das Berliner Abgeordnetenhaus soll in seiner nächsten regulären Sitzung am 29. August einen Nachfolger für den zurückgetretenen Wirtschaftssenator und Bürgermeister Gregor Gysi (PDS) wählen. Eine Sondersitzung des Parlaments lehnt die rot-rote Koalition ab. Damit sei klar, dass der Gysi-Rücktritt keine Koalitionskrise ausgelöst habe, betonte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Die vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht gefährdet. Die PDS habe zugesichert, „zügig“ einen Nachfolger für Gysi zu präsentieren. Als ein heißer Anwärter auf das Wirtschaftsressort gilt PDS-Fraktionschef Harald Wolf.

Für die Zeit bis zur Wahl wurde Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) mit den Amtsgeschäften beauftragt. Es werde keine Senatsumbildung geben. An der Ressortverteilung werde sich nichts ändern, betonte Wowereit. Bei der Nachfolge für Gysi sucht die PDS nach Tagesspiegel-Informationen auch nach prominenter Verstärkung von außen. Wowereit wies Spekulationen zurück, wonach der Rücktritt Gysis etwas mit neuen Erkenntnissen über dessen Stasi-Kontakte zu tun haben könnte. Die Ergebnisse der Überprüfung der Birthler-Behörde hätten bei Gysi keine neuen Erkenntnisse und bei den anderen Senatsmitgliedern gar keine Hinweise erbracht.

Parteichefin Gabi Zimmer sagte, die PDS wolle „jetzt erst recht“ für einen gestärkten Wiedereinzug in den Bundestag streiten. Zimmer gab aber zu, dass Gysis Rückzug die Partei „kalt erwischt“ habe. Wahlkampfleiter Dietmar Bartsch sieht indes keine negativen Folgen für die Wahlchancen der PDS. Er sei sicher, dass die PDS 25 Prozent der Stimmen im Osten erhalten werde. Der PDS-Ehrenvorsitzende Hans Modrow sagte dem Tagesspiegel: „Gregor Gysi ist von gestern.“ Einen Rückschlag wegen des Gysi-Rückzugs befürchte er „nicht so sehr“. Allerdings müsse die Partei ihr Profil als „klare, kritische und konstruktive Opposition“ schärfen.

Die Wahl- und Parteienforscher sind sich uneins, welche Auswirkungen der Rückzug Gysis für die PDS haben könnte. Einige sehen die Partei schweren Zeiten entgegengehen. Andere glauben nicht, dass sich die Wahlchancen entscheidend verschlechtert haben. „Der Weggang trifft die Partei hart. Sie wird jetzt noch mehr Probleme haben, über fünf Prozent zu kommen oder die drei notwendigen Direktmandate zu holen“, sagt Richard Hilmer von Infratest Dimap. Gerade die Akzeptanz im Westen werde nochmals abnehmen. „Gysi war der Einzige, der dort Stimmen geholt hat." Ähnlich sieht das Dieter Roth von der Forschungsgruppe Wahlen: „Der Einzug der PDS ist nun noch gefährdeter." Roth weist wie der Politologe Peter Lösche darauf hin, dass Gysis Rückzug eine gute Möglichkeit sein könnte, PDS-Wähler zu mobilisieren. Lösche: „Gysis Abschied ist kein tiefer Einschnitt für die PDS.“

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