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Der neue Premierminster Noda

© AFP

Yoshihiko Noda: Das ist Japans neuer Premier

Ex-Finanzminister Noda ist Japans neuer Premier. Er gilt als besonnen und zurückhaltend. Kann er das Land aus der Krise führen?

Es ist erst ein paar Tage her, da erregte sich Hitoshi Tanaka, einstiger Vize-Außenminister Japans, heftig über seinen Berufsstand. Es fehle eine „starke Führerfigur“ an der Spitze Japans, ein Mann mit Charisma, sagte Tanaka. Nur so einer könne diesem Land noch aus der Patsche helfen. Eins steht fest: Yoshihiko Noda kann er nicht gemeint haben.

Der stille Noda (54) aber, bisher als Finanzminister nur durch die jüngsten Devisenmarktinterventionen des Inselstaates aufgefallen, soll nun das problembelastete Land, das in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg steckt, wieder aufrichten. Lediglich aus der Wirtschaft kam denn auch verhaltenes Lob für den neuen Premier. „Ich habe immer geglaubt, dass Noda ein stabiler Politiker ist, der über Steuern, Fiskal- und Sozialpolitik gut Bescheid weiß“, sagte Hiromasa Yonekura, Boss der mächtigen Wirtschaftsvereinigung Keidanren.

Immerhin, Noda gilt als besonnen und zurückhaltend bis zur Gesichtslosigkeit, von ihm sind weder Frauengeschichten noch Spendengeldaffären bekannt. Das unterscheidet den Absolventen einer politischen Kaderschmiede von so manchem seiner Vorgänger – und könnte ihm die kommende Aufgabe erleichtern. Denn Noda hat sich, zur Freude vieler Wirtschaftsexperten, einem strikten Sanierungskurs verschrieben. Er will das mit über 200 Prozent des Bruttosozialprodukts hoch verschuldete Land aus der Wirtschaftskrise herausführen und dazu die Steuern erhöhen.

Das aber kann er nur mithilfe der Opposition durchsetzen, da Nodas Partei im Oberhaus nicht mehr die Mehrheit besitzt. Vielleicht erklärt diese Ausgangssituation auch sein Anbiedern an die Opposition in den vergangenen Tagen, als er sogar seinem Premier Naoto Kan bei der Frage des Atomausstiegs in den Rücken fiel und den Plan als „Meinung eines Einzelnen“ abtat. Mittlerweile spricht sich Noda dafür aus, die Abhängigkeit Japans von der Atomkraft wenigstens zu reduzieren, und befürwortet eine große Koalition mit den Liberaldemokraten.

Außenpolitisch dagegen sucht der Leisetreter seit kurzem eher die Konfrontation. Zum Jahrestag des Kriegsendes verärgerte er Koreaner und Chinesen mit der höchst provokanten Bemerkung, dass er die schlimmsten japanischen „Klasse-A-Kriegsverbrecher“ nicht mehr als Verbrecher betrachte, da sie ihre Strafen verbüßt hätten. Eine Aussage, die sofort zu Protesten der Nachbarstaaten führte.

Ob solche markigen Worte reichen, um die nächste Wahl im Jahr 2012 oder 2013 zu gewinnen, ist allerdings höchst ungewiss. Politische Beobachter halten Noda deshalb auch eher für einen Übergangskandidaten, der seinem deutlich charismatischeren Studienkollegen, Ex-Außenminister Seiji Maehara, den Weg an die Spitze bereiten soll. In Japan sind Hinterzimmer-Absprachen noch immer eher die Regel als eine Ausnahme.

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