zum Hauptinhalt

Politik: Zahlen oder nicht zahlen

Bisher sieht nur Verteidigungsminister Struck Deutschland in der Pflicht, für den Wiederaufbau im Irak einzustehen

So klar das Nein zum Krieg, so unklar die Haltung zum Danach. Wenige Tage nach Beginn des Irak-Krieges gibt es in der Bundesregierung keine einheitliche Linie, ob sich Deutschland an einem Wiederaufbau finanziell beteiligen soll. Klar ist nur, dass die Mittel für humanitäre Hilfe im laufenden Haushalt auf jeden Fall aufgestockt werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekräftigte am Samstag in der ARD, dass die Soforthilfe für den Irak von 40 auf 80 Millionen Euro verdoppelt werde. SPD und Grünen hatten sich bereits am Rande der Haushaltsberatungen vor zwei Wochen darauf verständigt. Die Bundesregierung unternehme alle Anstrengungen, eine humanitäre Katastrophe im Irak zu verhindern, sagte ein Sprecher von Finanzminister Hans Eichel (SPD) am Samstag.

Während Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) sich für eine finanzielle Beteiligung Deutschlands am Wiederaufbau des Irak ausspricht, lehnen Eichel und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek- Zeul (SPD) dies ab. Struck glaubt, Deutschland könne sich „dieser Aufgabe gar nicht entziehen“. In einem Interview mit „Bild am Sonntag“ sagte der Minister: „Gerade kleinere Länder hätten kein Verständnis dafür, dass sich ein so wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland verweigert.“ Zur Höhe einer möglichen Unterstützung äußerte er sich nicht.

Für Grünen-Fraktionschefin Krista Sager ist klar, „dass die Kriegsparteien USA und ihre Verbündeten die Hauptlast und die Hauptverantwortung für den Wiederaufbau tragen müssen“. Es sei jetzt noch zu früh, eine Entscheidung über eine finanzielle Beteiligung Deutschlands zu treffen, sagte die Grünen-Politikerin dem Tagesspiegel am Sonntag. Ähnlich hatte sich Wieczorek-Zeul in den vergangenen Tagen geäußert.

Für den Wiederaufbau hat der Bundeskanzler zumindest schon einmal eine Geldquelle ausgemacht. Nach Ansicht von Schröder kann dafür auf die Erträge aus den Ölvorkommen des Irak zurückgegriffen werden. Voraussetzung sei: „Die erheblichen Ressourcen müssen dem irakischen Volk zu Gute kommen und niemand anderem.“ Der Kanzler forderte, dies solle auch international überwacht werden. Die Vereinten Nationen müssten die zentrale Rolle übernehmen.

Strittig sind nicht nur die Finanzen, sondern auch die mögliche Entsendung deutscher Soldaten. Im Gegensatz zur Opposition lehnt Verteidigungsminister Struck es ab, nach dem Kriegsende deutsche Blauhelme in den Irak zu schicken. Für den Wiederaufbau seien „keine Soldaten gefragt“. Noch vor Tagen hatte er eine Blauhelm-Mission nicht ausgeschlossen. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble deutete dagegen die Zustimmung seiner Partei zu solchen Plänen an. Die Stabilität der gesamten arabischen Region und insbesondere des Irak müsse gesichert werden. „Notfalls werden wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten auch daran beteiligen müssen“, sagte Schäuble. Der verteidigungspolitische Sprecher de€r FDP-Fraktion, Günther Nolting, forderte im „Focus“ eine Beteiligung deutscher Soldaten.

Auf einen späteren Zeitpunkt vertagt wird auch die Diskussion über das von der Opposition geforderte Gesetz zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. „Dieses Thema lösen wir später“, sagte Struck. Die Bundeswehr solle auf jeden Fall eine Parlamentsarmee bleiben. Ein Entsendegesetz müsste die Arbeit der Bundeswehr erleichtern, ohne die Rechte des Parlaments einzuschränken.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false