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Politik: Zamzam-Cola und Kartoffelchips von Abu Amar

Von Andrea Nüsse, Amman Fährt man durch die Innenstadt von Amman, kommt man erst am römischen Amphitheater vorbei. Dann folgt der populäre Haschemeyya-Platz, wo sich die Restaurants der Exil-Iraker und jordanischen Straßenhändler, die Lose, gebrauchte Hosen und Zigaretten verkaufen, aneinander reihen.

Von Andrea Nüsse, Amman

Fährt man durch die Innenstadt von Amman, kommt man erst am römischen Amphitheater vorbei. Dann folgt der populäre Haschemeyya-Platz, wo sich die Restaurants der Exil-Iraker und jordanischen Straßenhändler, die Lose, gebrauchte Hosen und Zigaretten verkaufen, aneinander reihen. Ein hoher Pfeiler mit dem charakteristischen gelben „M“ überragte die niedrigen Gebäude am Platze: „McDonald’s" im historischen Herzen der jordanischen Hauptstadt. Dieser Tage hält man vergebens Ausschau nach dem unübersehbaren Emblem amerikanischer Esskultur: Es ist verschwunden. Stattdessen steht über dem Eingang des ehemaligen „McDonald’s" auf einem bescheidenen Schild in grüner Schrift: „Hähnchen-Restaurant". Statt Big Mac und Cheeseburger gibt es hier jetzt den Bohnenbrei Foul, das Kichererbsenpüree Hummus und gegrilltes Hähnchen. „Wir servieren rein arabische Küche", erklärt Faris Qattan , Geschäftsführer des Restaurants. Vor zwei Monaten hätten sie das Lokal übernommen, „McDonald’s" habe aufgegeben, weil es zu starke Einbußen erlitten hätte. „Der Unmut über die amerikanische Nahost-Politik gerade unter den Leuten in diesem Stadtteil ist zu groß, als dass sie noch Coca-Cola trinken und amerikanische Burger essen wollen", ist der Gastronom überzeugt. Mit etwas Verspätung ist der Boykott amerikanischer Produkte, zu dem in vielen arabischen Ländern aufgerufen wird, auch in Jordanien angekommen.

Die Marketing-Leiterin von „McDonald’s in Jordanien, Nadia al-Dary, räumt ein, dass die Verkäufe in den sechs „McDonald’s"-Filialen in Jordanien im Vergleich zum Vorjahr um 30 bis 40 Prozent gesunken sind. Man habe Angestellte entlassen müssen. In Mails, SMS-Nachrichten und Briefen erklärten Jordanier täglich, dass sie aus Protest gegen die US-Politik keine amerikanischen Produkte mehr kaufen wollten. Nadia al-Dary versucht mit einem Flugblatt dagegenzuhalten, in dem erklärt wird, dass „McDonald’s" Israel nicht unterstützt und der Lizenzbesitzer sowie die Angestellten Jordanier seien.

Die Auswirkungen des Boykotts auf die US-Wirtschaft sind gering. Darüber machen sich auch die Organisatoren keine Illusionen. „Wir wollen eine symbolische Botschaft senden", erklärt das Vorstandsmitglied der jordanischen Ingenieursgewerkschaft, Ali Abu Sukr . Der Gewerkschaftler ist Vorsitzender des Anti-Normalisierungs-Komitees, das gegen Verbindungen aller Art mit Israel kämpft und sich nun auch des Boykotts amerikanischer Produkte angenommen hat. Eine „schwarze Liste" amerikanischer Produkte wird das Boykott-Komitee allerdings so schnell nicht verteilen. Als die Gewerkschaft vor eineinhalb Jahren jordanische Unternehmen anschwärzte, die mit Israelis zusammenarbeiten, wurde Ali Abu Sukr sofort festgenommen. Während in anderen arabischen Ländern offen in den Medien über den Boykott berichtet wird, hat die jordanische Regierung bei einem Treffen mit Chefredakteuren klar gemacht, dass sie keine Berichterstattung zu diesem Thema wünscht. So wird der Boykottauruf beispielsweise handgeschrieben auf 20-Dinar-Banknoten verbreitet.

Mittlerweile raucht in der arabischen Welt wohl kaum noch jemand Marlboro. Auf den Kaffeehaustischen in Ramallah, Amman und Riad liegen jetzt Gauloise-Päckchen. Statt Pepsi-Cola wird in Jordanien verstärkt „Mandarin"-Limonade aus Syrien getrunken, in Bahrein ist sie durch iranische „Zamzam-Cola" ersetzt. In Kairo sind die ägyptischen „Abu-Amar-Kartoffelchips“ ein Renner. Unter dem Kampfn Jassir Arafats ist ein Bild des Palästinenserführer zu sehen. Der Boykott scheint als Ventil für die Frustrationen vieler Araber zu dienen.

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