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Politik: Zehn Tote bei Unruhen im Kosovo

Straßenkämpfe zwischen Albanern und Serben / UN-Verwaltung verhängt Ausgangssperre über die Stadt Mitrovica

Von Caroline Fetscher

Belgrad. Bei den schwersten Auseinandersetzungen seit Februar 2001 in Kosovo sind am Mittwoch mindestens zehn Albaner und Serben in der geteilten Stadt Mitrovica ums Leben gekommen. Auch Soldaten der Internationalen Kosovoschutztruppe (Kfor) sowie UN-Polizisten wurden verletzt. Am Abend verhängte die UN-Verwaltung (Unmik) eine Ausgangssperre für alle Bürger der Stadt. „Es ist ein entsetzlicher Tag und ich bin erschüttert von den Ereignissen", sagte Unmik-Mitarbeiter Derek Chappell dem Belgrader Sender B 92. Chappell erklärte, die Unmik habe derzeit stellenweise die Kontrolle über die Provinz verloren.

Etwa 3000 Albaner hatten sich am Morgen in Mitrovica am südlichen Ende der Brücke über den Ibar versammelt, der den serbisch besiedelten Norden vom mehrheitlich albanischen Süden teilt. Die Menge durchbrach die Sperren der Kfor und drang in den Nordteil der Stadt vor. Dort kam es zu Straßenkämpfen mit Serben, bei denen Schusswaffen und Handgranaten eingesetzt wurden. Am Nachmittag versuchten Hunderte von Albanern, die aus der Hauptstadt Prishtina gekommen waren, die serbische Enklave bei Caglavica zu stürmen, in der etwa 1000 Serben leben. Dort brannten Häuser, Frauen und Kinder wurden evakuiert, Militär und Polizei versuchten die Menge mit Tränengas aufzuhalten und mussten sich am Abend zurückziehen. Später am Abend meldete die Nachrichtenagentur Beta, dass in Prizren im Südwestkosovo das unbewohnte serbisch-orthodoxe Priesterseminar angezündet worden sei, sowie zwei Polizeifahrzeuge der Unmik. In der Ortschaft Belo Polje sollen Albaner aus Peja alle 25 Häuser in Brand gesteckt haben, die zurückgesiedelten Serben gehören. Die Einwohner wurden auf einer italienischen Kfor-Basis in Sicherheit gebracht.

In den vergangenen Tagen war es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Albanern und Serben gekommen. Am Dienstag waren drei albanische Kinder im Alter zwischen neun und zwölf Jahren im Ibarfluss ertrunken, nachdem, so ein Zeuge, Serben einen Hund auf sie gehetzt hatten und die Kinder in Panik in den Fluss gesprungen waren. Am Tag zuvor war bei der Ortschaft Caglavica ein Serbe durch Schüsse leicht verletzt worden. Darauf blockierte eine serbische Menge die Hauptverbindungstraße zwischen Prishtina und Skopje, die durch den Ort Caglavica führt und entscheidend für die Versorgung Kosovos ist. Am selben Tag organisierten Veteranenverbände der aufgelösten Partisanentruppe UCK Demonstrationen, und protestierten gegen die Verhaftung ehemaliger Kämpfer, denen Kriegsverbrechen vorgeworfen werden.

Ein Sprecher der International Crisis Group in Brüssel sagte, für die Spannungen in der Provinz sei wohl auch die nationalistische Regierung in Belgrad mitverantwortlich. Seit deren Amtsantritt gehört der ungelöste Status der Provinz Kosovo verstärkt zur öffentlichen Debatte in Serbien. Im Krieg vor fünf Jahren hatten etwa 10 000 Menschen, überwiegend Albaner, ihr Leben verloren. Exhumierungen von Massengräbern halten bis heute an. Der Vizechef der Serbischen Radikalen Partei Tomislav Nikolic erklärte, die serbische Minderheit im Kosovo müsse nun militärisch verteidigt werden.

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