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Politik: Zeit der alten Füchse

Die CSU ist kampfbereit: Wenn die CDU Stoiber als Kandidaten für die Rau-Nachfolge handelt, kommt auch Merkel wieder ins Spiel

Von Robert Birnbaum

Edmund Stoiber als Bundespräsidentenkandidat? Die CDU drückt – die CSU drückt zurück, und in der FDP drücken manche in ganz andere Richtungen. Die Abmachung zwischen CDU-Chefin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle, die Entscheidung über einen gemeinsamen Bewerber auf die Zeit nach der Hamburg-Wahl zu verschieben, zeigt ihre Tücken: Bevor die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP sich ruhig unterhalten können, drohen ausufernde Debatten ihren Spielraum zu beschränken.

Schon werden erste Stimmen laut, die es für einen Fehler halten, dass Merkel nicht im vorigen Jahr Westerwelle dazu gebracht hat, den CDU-Bewerber Wolfgang Schäuble zu unterstützen. „Das wäre im November, Dezember möglich gewesen“, ist ein Unionsvertreter überzeugt. Aber Merkel habe nun einmal geglaubt, dass Stoiber sich seine Absage noch einmal überlegen werde, und habe abgewartet.

Eine Fehlkalkulation mit bösen Folgen? Jedenfalls, so die Sicht in der CSU, Grund genug für den Parteivorsitzenden Stoiber, jeden künftigen Druck einfach abprallen zu lassen. „Stoiber hat ehrlich Nein gesagt. Das wissen alle, auch die CDU“, kommentiert ein Christsozialer die Überlegungen in der Schwesterpartei, den CSU-Chef notfalls zur Kandidatur zu drängen, wenn die FDP anders nicht von einem eigenen Bewerber abzubringen sein sollte. Die CDU und Merkel hätten Zeit gehabt, sich darauf einzustellen, dass Stoiber nicht zur Verfügung stehe. „Nun können sie nicht kommen und sagen: Du musst uns jetzt aus der Patsche helfen.“

Amtlich gibt es zu dem Vorgang aus München einen Kommentar, der einen klaren Wink mit dem Zaunpfahl enthält. „Die Parteivorsitzenden haben zwei Dinge festgelegt“, sagt ein Sprecher von Stoibers Staatskanzlei dem Tagesspiegel: „Erstens, im März wollen die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP über einen gemeinsamen Kandidaten entscheiden. Zweitens, die Parteivorsitzenden selbst kommen dafür nicht in Frage. Das gilt für Frau Merkel wie für Herrn Stoiber.“ Im Klartext: Wenn die CDU diese Absprache brechen und Stoiber ins Spiel bringen würde, dann würde die CSU Merkel aufs Kandidatenkarussell drängeln. Ein Szenario freilich, das selbst in der CSU nicht alle genial finden. Theoretisch, sagt ein Christsozialer, könnte eine solche Brachiallösung Stoiber die Chance auf eine neue Kanzlerkandidatur eröffnen. Praktisch würde sie aber vermutlich die Wahlchancen der Opposition für 2006 zunichte machen, weil solch ein Not-Wechsel an der CDU-Spitze nur unter schweren Reibungsverlusten vonstatten gehen würde.

Ein Argument übrigens, das auch für ein anderes Szenario gilt, das in der FDP gerade schwer Karriere macht: Den Versuch, die Union mit der Drohung zu einem FDP-Bundespräsidenten namens Wolfgang Gerhardt zu zwingen, dass die FDP sonst zusammen mit Rot-Grün die liberale FDP-Frau Cornelia Schmalz-Jacobsen ins höchste Staatsamt bringen werde. Nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“, den die FDP weder kommentieren noch dementieren wollte, hat der Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff schon bei Kanzler Gerhard Schröder (SPD) sondiert – Ergebnis positiv. Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher hätten daraufhin Westerwelle „unmissverständlich“ klar gemacht, dass für die FDP kein Unionskandidat akzeptabel wäre. Der alte Fuchs Genscher hat unlängst freilich auch schon mal in die Gegenrichtung geblinkt: Er hat Schäuble seiner, Genschers, Stimme versichert, wenn der CDU-Mann aufgestellt werden sollte.

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