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Politik: Zeitenwende in Jugoslawien: Keine Kraft für die Heimat - Kaum ist Kostunica im Amt redet Deutschland über Flüchtlinge

Der Diktator ist gestürzt, doch was bedeutet das Ende der Milosevic-Ära für die Flüchtlinge im Ausland? Drei Millionen Bürger Ex-Jugoslawiens sind auf der Flucht, seit Milosevic 1991 begann, erst Slowenien, dann Kroatien und Bosnien-Herzegowina zu überfallen und seit dem Winter 1998 auch im Kosovo so genannte ethnische Minderheiten zu vertreiben.

Der Diktator ist gestürzt, doch was bedeutet das Ende der Milosevic-Ära für die Flüchtlinge im Ausland? Drei Millionen Bürger Ex-Jugoslawiens sind auf der Flucht, seit Milosevic 1991 begann, erst Slowenien, dann Kroatien und Bosnien-Herzegowina zu überfallen und seit dem Winter 1998 auch im Kosovo so genannte ethnische Minderheiten zu vertreiben. "Nur Serben in Serbien" hatte er den Militärs mit auf den Weg gegeben. Nicht minder brutal rächte sich Kroatien an den Bürgern des Nachbarlandes. Heute leben in den Grenzen Ex-Jugoslawiens zwei Millionen Flüchtlinge in Wohnungen, die nicht ihre eigenen sind. Ob sie jemals in ihre Heimatdörfer zurückkehren können, wo sie in der Minderheit wären, glauben nur wenige.

Vier Kriege in zehn Jahren - auf der Strecke geblieben sind jene, die sich aus eigener Kraft kaum noch helfen können. 35 000 Balkan-Flüchtlinge sind es, die heute in Deutschland leben und damit rechnen müssen, dass die Innenminister der Länder ihre Rückführung beschließen. 15 000 dieser Menschen sind durch die Kriegsereignisse so traumatisiert oder inzwischen so alt, dass sie als Härtefälle besonderen Schutz genießen. In einem dringenden Appell für ein endgültiges Bleiberecht hatten sich zu Ostern mehr als 250 Bundestagsabgeordnete an die Ministerpräsidenten der Länder und deren Innenminister gewandt. Der Bund korrigierte daraufhin seine Vorgaben. Doch die Rückführung der Flüchtlinge ist Sache der Bundesländer, und Bayerns Innenminister Beckstein (CSU) ist wie immer der Erste, der heute schon meint, dass "auch die Rückkehr nach Serbien möglich sei", sobald sich die Lage in Belgrad stabilisiert hat. Am 24. und 25. November wollen die Innenminister darüber beraten.

So schnell, da sind sich Hilfsorganisationen und Parlamentarier sicher, wird sich die Situation für Vertriebene in Jugoslawien aber nicht ändern. Hans Koschnick (SPD), der seit dem Frühjahr im Rahmen des Balkan-Stabilitätspaktes für die Flüchtlingsrückkehr zuständig ist, sagt: "Präsident Kostunica wird zunächst etwas anderes zu tun haben, als sich um die Flüchtlinge zu kümmern. Frühestens Mitte des nächsten Jahres können wir über eine weitere Flüchtlingsrückkehr in die Region nachdenken. Alles andere ist Sozial-Romantik. Vor diesem Winter wäre das angesichts mangelnder Wohnungen unverantwortlich." Der internationale Streitschlichter von Bosnien-Herzegowina, der CDU-Politiker Christian Schwarz-Schilling, sagt: "Ich warne vor Schnellschüssen und großem Aktionismus. Jede Rückführung nach Serbien muss mit der EU, dem UN-Flüchtlingshilfswerk und den Hilfsorganisationen abgestimmt werden. Wir müssen Serbien nach der Befreiung vom Milosevic-Regime Hilfen geben, dazu gehört nicht, dass wir ihnen die Flüchtlinge an den Hals schicken." Indes haben Kroatien und Bosnien-Herzegowina eine Arbeitsgruppe einberufen, um die Heimkehr der jeweiligen Vertriebenen zu steuern.

Claudia Lepping

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