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Zentralafrika: Kongolesen erleben Schicksalswahl

Die Kongolesen haben die ersten freien Parlaments- und Präsidentschaftswahlen nach mehr als 40 Jahren erlebt. Bisher verliefen die Wahlen "im Großen und Ganzen" ruhig.

Kinshasa/Berlin - Schon vor Öffnung der rund 50.000 Wahllokale am frühen Morgen hatten sich lange Schlangen vor den Wahlurnen gebildet. Das offizielle Ende der Wahlen war für 18 Uhr Ortszeit vorgesehen. Die Kongolesen, die über Jahrzehnte hinweg unter Diktatur und Bürgerkrieg leiden mussten, hätten sich in "großen Scharen" an ihren Schicksalswahlen beteiligt, war von Wahlbeobachtern zu erfahren. Wegen des starken Andrangs müssten die Wahlen wahrscheinlich bis Montagabend verlängert werden. Bisher seien sie "im Großen und Ganzen ruhig verlaufen".

In den vergangenen Tagen hatte es in der Hauptstadt Kinshasa blutige Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Parteien gegeben. Fast 26 von 60 Millionen Kongolesen hatten sich für die Wahlen registrieren lassen. Mehrere Parteien hatten zum Wahlboykott aufgerufen. Zur Absicherung der Wahlen hat die Europäische Union (EU) auf Bitten der Vereinten Nationen 2000 Eufor-Soldaten aufgeboten. Ihre Aufgabe ist es vor allem, die hunderte von ausländischen Wahlbeobachtern bei eventuellen kriegerischen Auseinandersetzungen der kongolesischen Rivalen in Sicherheit zu bringen. Die Bundeswehr hat allein in Kinshasa 280 Mann stationiert. Der Einsatz der EU-Einheiten wird vom Eufor-Hauptquartier in Potsdam geleitet. In Kinshasa sagte Eufor-Sprecher Peter Fuss: "Es ist alles ruhig, und wir hoffen, dass es so bleibt".

Um die Präsidentschaft haben sich neben dem Amtsinhaber Joseph Kabila 32 weitere Kandidaten beworben. Eine Stichwahl werde notfalls im Herbst stattfinden. Das Wahlergebnis wird erst Mitte oder Ende August erwartet. Um die rund 500 Sitze im Parlament hatten sich mehr als 9000 Politiker beworben. Die Kosten der Wahlen werden auf etwa eine Milliarde Dollar geschätzt. Im besonders unruhigen Osten des Kongo sind seit Jahren 17.000 UN-Blauhelm-Soldaten stationiert. Sie hatten ebenfalls die Wahlen abgesichert. Eine Drohne der EU-Truppe, ein unbemanntes kleines Aufklärungsflugzeug, war am Freitag über Kinshasa offensichtlich von Rebellen abgeschossen worden. Die Drohne sollte am Sonntag über Kinshasa kreisen und Bilder über die Situation in den jeweiligen Stadtvierteln der Millionen-Hauptstadt liefern. Mit Spannung wird erwartet, wie sich die Verlierer der Wahlen verhalten. "Wir befürchten Schlimmes", berichtete ein Beobachter eines westlichen Geheimdienstes. In den vergangenen Tagen hatte es bei Auseinandersetzungen auf Kundgebungen mindestens zehn Tote gegeben.

Aufenthalt der Truppen könnte länger dauern

Unions-Verteidigungsexperte Bernd Siebert sieht die EU-Truppen nur bei einem "äußerst schlechten Verlauf" der Wahlen länger als die geplanten vier Monate im Kongo stationiert. Es komme darauf an, wie sich die Lage nach den Wahlen zeige, sagte Siebert. Auch bei einer negativen Entwicklung sei noch längst nicht sicher, ob sich die Bundeswehr an einem neuen Einsatz beteiligen werde. "Ich bin sicher, dass unsere Soldaten Weihnachten wieder zu Hause sind", unterstrich Siebert.

Siebert meinte, alle jetzt angestellten Überlegungen für eine Verlängerung des Mandats für die EU-Truppe seien im Augenblick hypothetisch. Bis jetzt gebe es keine nachhaltigen Anzeichen für einen gewalttätigen Verlauf der Wahlen. Der Unions-Wehrexperte sagte, nur "wenn der Himmel auf die Erde fällt", käme eine Verlängerung des EU-Engagements im Kongo in Frage. Dann müsste "alles neu" im Bundestag und in der EU beraten werden. (tso/ddp)

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