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Zentralräte: Muslime und Juden im Gespräch

Die Spitzenleute des Zentralrats der Juden in Deutschland und des Zentralrats der Muslime haben sich positiv über ihre Gespräche an diesem Sonntag geäußert. Beim Treffen ging es um Islamfeindschaft und Antisemitimus.

Berlin/Frankfurt am Main - Muslime und Juden in Deutschland haben am Sonntag offiziell und auf höchster Ebene Kontakte geknüpft. Erstmals nahmen an einer Vorstandssitzung des Zentralrats der Juden in Deutschland in Frankfurt am Main auch zwei Vertreter des Zentralrats der Muslime und Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, teil.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, zeigte sich anschließend zufrieden mit diesem ersten hochrangigen Treffen, zu dem der seit November amtierende Vorsitzende des jüdischen Zentralrats, Dieter Graumann, eingeladen hatte. Das Gespräch sei „sehr kritisch und sehr konstruktiv“ gewesen. Man habe offen über Islamfeindschaft und Antisemitismus sowohl in der Gesellschaft insgesamt als auch in den eigenen Communities gesprochen, sagte Mazyek dem Tagesspiegel. „Es wurde nichts ausgespart.“ Graumann nannte den Austausch „sehr offen, fair, ehrlich und direkt“. Man sei freundlich miteinander umgegangen, aber man habe Probleme auch nicht mit Freundlichkeit zugekleistert, sagte er dem Tagesspiegel. „Unsere Gäste haben sich viel Kritisches angehört.“ Man sei zum Beispiel sehr besorgt über den Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen. „Wir hoffen, dass auch die muslimischen Verbände mehr dagegen tun; das wurde uns versichert.“

Das Treffen vom Sonntag solle nach dem Willen beider Seiten „keine Eintagsfliege“ bleiben, sondern zu einer ständigen Einrichtung werden, sagte Mazyek. Man habe für eine der nächsten Vollversammlungen des Zentralrats der Muslime zum Gegenbesuch eingeladen. Graumann wünscht sich einen Dialog auf Dauer, zu dem man auch andere muslimische Verbände einladen werde. Er selbst habe dies in der ersten Sitzung des Direktoriums nach seiner Wahl angeregt, den Wunsch nach engeren Kontakten gebe es aber bei vielen in der Führung des Zentralrats der Juden. Die Gespräche am Sonntag, so Graumann, seien „ein guter Beginn“ gewesen.

Die guten Kontakte der Verbände unterhalb der Chefebene sind freilich schon etwas älter. Stephan Kramer etwa, der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, reiste als eine der ersten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens nach dem Mord an der Ägypterin Marwa el-Sherbini nach Dresden und forderte die Politik zu klareren Stellungnahmen gegen Islamophobie auf. Auch zu der Serie von Anschlägen gegen Berliner Moscheen hatte sich der Zentralrat zu Wort gemeldet. Graumann erwähnt die Sarrazin-Debatte, in der man sich früh für die muslimischen Freunde engagiert habe – „was uns nicht nur Freunde gemacht hat“ .

Nach Ansicht Mazyeks wachsen die Gemeinsamkeiten: Es gebe auf beiden Seiten womöglich „eine größere Sensibilität für Rassimus“, aber auch dafür, dass der nicht allein ein jüdisch-muslimisches Thema, sondern eine Gefahr für die Demokratie insgesamt sei. Ihn habe der jüngste Anschlag auf die neue Mainzer Synagoge schockiert, sagt Mazyek – auch wegen ihres Echos in der Öffentlichkeit: „Es passierte wenig. Vor zehn Jahren hätten die Medien noch ganz anders darauf reagiert. Die Gesellschaft springt auf diese Themen nicht mehr an wie früher.“

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