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Politik: Zentralrat rügt Vorgehen im NPD-Verfahren

Michel Friedman: Politiker agieren verantwortungslos / Verfassungsrichter verärgert über Debatte vor dem Urteil

Von Frank Jansen

Berlin. Besorgt und irritiert reagiert der Zentralrat der Juden auf die Berichte über das drohende Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens. Sollte das Bundesverfassungsgericht die Anträge von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat ablehnen, „dann nicht, weil die NPD nicht verfassungsfeindlich wäre, sondern weil die Antragsteller ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben“, sagte Zentralratspräsident Paul Spiegel am Freitag dem Tagesspiegel. Er hoffe aber immer noch, das Gericht werde die NPD genauso bewerten wie die drei Verfassungsorgane. Spiegels Stellvertreter Michel Friedman befürchtet, „ein Scheitern des Verbotsverfahrens wäre ein großer Misserfolg im Kampf gegen den Rechtsradikalismus“. Man müsse „kritisch fragen, wie die Antragsteller ihre Verfahrensschwächen und ihre Fehler während des Prozesses begründen“. Die Tatsache, „dass so viele V-Leute in führenden Positionen der NPD waren und die zuständigen Behörden sich nicht länderübergreifend informiert haben, sei auch unabhängig vom Verfahren unerklärlich und verantwortungslos“, sagte Friedman dem Tagesspiegel.

Das Gericht will, wie berichtet, am 18. März eine Entscheidung verkünden. Im Umfeld der Antragsteller gilt die Einstellung des Verfahrens wegen der V-Mann-Pannen als wahrscheinlich. Die Berichte über das mögliche Scheitern riefen allerdings im Bundesverfassungsgericht Unmut hervor. Aus der Einladung „zur Verkündung einer Entscheidung“ könne man nicht auf den Inhalt schließen, sagte der für das NPD-Verfahren zuständige Vorsitzende des Zweiten Senats, Winfried Hassemer. Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier betonte, angesichts der Spekulationen in Berlin fühle sich das Gericht in seiner Auffassung bestätigt, lieber in Karlsruhe zu bleiben, als in die Hauptstadt umzuziehen.

Auch wenn die NPD einem Verbot entgehen sollte, ist nach Ansicht von Verfassungsschützern nicht zu erwarten, dass die Partei an Bedeutung gewinnt. Sie werde bei Wahlen weiter im „Null-Komma-X-Bereich“ bleiben, hieß es. Die NPD gebe sich viel zu radikal, außerdem erhalte der Rechtsextremismus angesichts der Verschärfung internationaler Probleme wie Irak-Konflikt und Terrorismus weniger Aufmerksamkeit. Es sei auch unwahrscheinlich, dass die Partei ihre Position in der rechten Szene stärken könne. Ein Experte verwies auf die anhaltenden Streitigkeiten im braunen Milieu. Die NPD gerate immer wieder mit den ungebundenen Neonazis aneinander. Bundesweit gibt es ungefähr 10 000 Neonazis und rechte Skinheads. Hinzu kommt die NPD mit etwa 6500 Mitgliedern.

NPD-Anwalt Horst Mahler, der die Partei im Verbotsverfahren vertritt, stand am Freitag vor dem Amtsgericht Mainz. Mahler wird vorgeworfen, er habe die Anschläge des 11. September gebilligt. Der einstige RAF-Terrorist präsentierte eine bizarre Geschichte: Die Fernsehbilder über die Einschläge der Flugzeuge ins World Trade Center seien eine „stümperhafte Fälschung“. Nicht Terroristen, sondern Geheimdienste hätten die Zwillingstürme gesprengt.

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