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Politik: Zeuge ohne Zeugnis

Roland Koch fühlt sich vor dem Spenden-Ausschuss deplatziert

Ehemalige Bundesminister, ein ehemaliger Ministerpräsident und andere hochrangige Unionspolitiker hatten in 42 Ausschusssitzungen hinter dem schlichten Pappschild mit der Aufschrift „Zeuge“ Platz nehmen und aussagen müssen. Zu Beginn der 43. Sitzung des Schwarzgeld-Untersuchungsausschusses steht da ein neues Schild, auf dem der säuberliche Aufdruck prangt: „Ministerpräsident Roland Koch“.

Solange ihn Fotografen und Kameraleute ins Visier nehmen, bleibt er stehen. Es soll keine Bilder von ihm geben, in der Zeugenbank sitzend. Roland Koch ist es wichtig, Distanz zu den Urhebern des Skandals sichtbar werden zu lassen. Nicht er, sondern Manfred Kanther und seine Gehilfen hatten 1983 mehr als 20 Millionen Mark von geheimen Konten der Hessen-Union in die Schweiz transferiert. „Sie reden in diesem Zusammenhang nicht mit einem Zeugen“, herrscht er den SPD Abgeordneten Norbert Schmitt an; der hatte ihn mit seinen Fragen zur Herkunft der Gelder entnervt. „Ich war 1976 bis 1983 nicht dabei“, wird Roland Koch deutlich. Die Fragen der Oppositionsabgeordneten kreisen einmal mehr um die Herkunft der Gelder. Noch immer sind 8,5 Millionen Euro übrig, Koch hat sie der Bundespartei geliehen. Nutzt die Union Geld unklarer Herkunft, fragen die Oppositionsabgeordneten. Nicht ausschließen könne er, dass Geld auch aus staatsbürgerlichen Vereinigungen eingeflossen sei, sagt Roland Koch. Doch auch die übrigen Parteien hätten in den 70er Jahren solche Gelder nicht zurückgezahlt. Es sei sogar seine Pflicht als Sachwalter der Interessen der hessischen Union, das Geld zu behalten. Schließlich sei es zweifelsfrei Unions-Geld. „Das sehe ich so gemeinsam mit dem Herrn Bundestagspräsidenten“, sagt Koch.

Am Ende der Sitzung gibt es hinter verschlossenen Türen eine Auseinandersetzung über einen SPD-Antrag zur Vereidigung des Zeugen. Mit ihrer Mehrheit lehnen CDU und FDP zum jetzigen Zeitpunkt ab. SPD und Grüne erklären postwendend, man wolle den Ministerpräsidenten vor einem Meineid schützten: „Wer die Wahrheit sagt, kann auch schwören“, sagt Jürgen Walter, SPD. „Humbug“, kontert CDU-Obmann Stefan Grüttner; wie gewohnt arbeite die SPD mit Unterstellungen. Roland Koch, der vor dem Spendenausschuss in Berlin eine Eidesleistung wegen rechtlicher Bedenken verweigert hatte, hält sich in Wiesbaden die Entscheidung offen. Koch sagte in einer Sitzungspause dem Tagesspiegel: „Ich beantworte diese Frage, wenn sie mir vom Ausschuss gestellt wird.“

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