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Politik: Zeuge Saubermann

Im Kanther-Prozess trägt der ehemalige CDU-Schatzmeister Kiep nur wenig zur Wahrheitsfindung bei

Nur einmal an diesem 9. Verhandlungstag wird es laut im Schwurgerichtssaal des Wiesbadener Landgerichts. Der frühere Bundes- und Landesschatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, soll etwas zu seinem früheren Steuerberater Horst Weyrauch sagen, der neben Manfred Kanther und Prinz Wittgenstein auf der Anklagebank sitzt. Ob Weyrauch möglicherweise die Übersicht über Kieps Konten verloren und Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben könnte, fragt der Vorsitzende Richter. „Diese Art der Verhandlungsführung empört mich“, ruft der Angeklagte, der sonst die Ruhe selbst ist, erregt dazwischen. Auch sein Verteidiger Eberhard Kempf rügt die Frage nachdrücklich.

Da klingen sie wieder an, die Unterstellungen gegen den Mann, der für Helmut Kohl und Manfred Kanther die geheimen Treu- und Anderkonten verwaltete. Der böse Verdacht, dem auch CDU-Offizielle – unter Druck geraten – immer wieder mit mehrdeutigen Erklärungen Nahrung gaben. Weyrauch hat im Wiesbadener Untreueverfahren zugeben müssen, dass er bei Rechenschaftsberichten und Testaten im Auftrag der hessischen CDU gegen seine Berufspflichten als Wirtschaftsprüfer verstoßen hat. Doch hier geht es um seine Ehre. „Kein Pfennig“ sei je für private Zwecke abgezweigt worden, vom geheimen Millionenvermögen der hessischen CDU, auf diese Formel bringt es an jedem Prozesstag neu, der frühere Bundesinnenminister Manfred Kanther, der 1983 den geheimen Transfer in die Schweiz veranlasst hatte.

Seinen früheren Steuerberater Weyrauch hat Kiep öffentlich angeschwärzt, als er einmal mehr wegen dubioser Geldflüsse mit den Strafverfolgungsbehörden in Konflikt geraten war.

In Wiesbaden setzte Kiep nun wenigstens unter diesen Teil der Affäre einen Schlusspunkt. Persönliche Bereicherung scheidet auch nach seiner Überzeugung im Fall Weyrauch aus.

Ansonsten kann Kohls langjähriger Schatzmeister wenig zur Wahrheitsfindung beitragen. Als er 1976 das Schatzamt im hessischen Landesverband an Prinz Wittgenstein abgegeben habe, seien keine Schätze vorhanden gewesen, sagt Kiep. Er will zwar nicht ausschließen, dass sich jenes heimliche Millionenvermögen der hessischen CDU zwischen 1976 und 1983 aus Geldern der Staatsbürgerlichen Vereinigung (SV) gespeist haben könnte. Doch das sei Spekulation, relativiert Kiep frühere Aussagen. Als damaliger niedersächsischer Finanzminister sei er 1976 Zweifeln an der Legalität der SV-Spenden nachgegangen. Er persönlich habe 1978 die vom Bundesverfassungsgericht als illegal verworfene SV-Parteienfinanzierung in der Bundespartei abgeschafft, gegen Widerstände aus den Landesverbänden und aus der FDP: „Graf Lambsdorff hat mich damals gefragt, ob ich den Verstand verloren habe“, sagte Kiep am Montag.

Der Zeuge präsentierte sich vor Gericht einmal mehr als Saubermann. Wegen einer Spende des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber, an die er sich vor dem Berliner Untersuchungsausschuss nicht erinnern konnte, musste er zuletzt Strafe zahlen. Doch selbst dem spektakulären Düsseldorfer Verfahren in den 80-er Jahren, das für ihn mit einem Schuldspruch und einer Geldstrafe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung endete, gewinnt Kiep in der Rückschau lieber „sehr heitere Momente“ ab.

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