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Politik: Zu alt, zu schlecht, ohne Profil

Die schwarz-gelbe Koalition in Hessen trotzt den schlechten Umfragen mit neuen Köpfen.

Die hessische FDP forciert den Generationenwechsel. Am Freitag kündigte der liberale Wirtschaftsminister Dieter Posch seinen Rücktritt an; gleichzeitig betonte der 67-Jährige, er sei keinesfalls krank oder amtsmüde. Am gleichen Nachmittag erklärte seine Parteifreundin, Kultusministerin Dorothea Henzler (63) trotzig, sie wolle ihre „erfolgreiche Schulpolitik“ gerne bis zur nächsten Landtagswahl Ende 2013 fortführen. Keine 24 Stunden später musste auch sie aufgeben. Am Rande des FDP-Parteitags in Karlsruhe sagte Henzler enttäuscht, sie beuge sich dem Wunsch der Partei nach einem Generationswechsel. Neuer Wirtschaftsminister soll Fraktionschef Florian Rentsch (37) werden, Kultusministerin die bisherige Europastaatssekretärin Nicola Beer (42). Parteichef Jörg-Uwe Hahn sah sich angesichts schlechter Umfragewerte und einer wachsenden Unruhe in Partei und Fraktion offenbar zum Handeln gezwungen. Die Opposition erklärte Posch und Henzler denn auch zu Mobbingopfern.

Die beiden aus dem Amt gedrängten Ressortchefs waren zuletzt allerdings in den eigenen Reihen nicht unumstritten. Posch operierte als der zuständige Minister im Gerichtsverfahren um das Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen unglücklich. Die Kultusministerin hatte zwar eine Beruhigung der aufgeheizten Debatte über die künftige Schulpolitik in Hessen erreicht und eine bessere Lehrerversorgung durchgesetzt; als Aktivposten galt sie aber nicht. Ob das jetzt die Neuen noch werden können, müssen sie in den verbleibenden 20 Monaten beweisen. Der Niedergang der FDP im Bund beweise, dass das bloße Austauschen von Köpfen nicht ausreiche, kommentierte Grünen-Chef Tarek Al-Wazir.

Unklar blieb zunächst, ob CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier die Gelegenheit nutzt, auch seine Regierungsmannschaft zu verändern. Seit der Frankfurter Oberbürgermeisterwahl hielt sich das Gerücht, der dort als CDU-Kandidat gescheiterte Innenminister Boris Rhein werde als Geschäftsführer zur landeseigenen WI-Bank weggelobt. Am Sonntag stellte Bouffier klar, bei den CDU-Ressortchefs bleibe alles beim Alten. Rhein ist am Mittwoch zu einer heiklen Zeugenvernehmung im Untersuchungsausschuss zur „Polizeichefaffäre“ geladen. Er hatte die Vorwürfe gegen den damaligen Innenminister und heutigen Ministerpräsidenten bisher stets entkräftet. In dieser Situation war es ohnehin unwahrscheinlich, dass Bouffier den Minister abberuft.

Klar ist: Auch in der hessischen CDU ist gut ein Jahr nach dem Rückzug von Roland Koch die Unruhe groß. Die Schwäche des Koalitionspartners und die schlechten Umfragewerte entzündeten in der Fraktion erregte Strategiedebatten, sagte ein Landtagsabgeordneter dem Tagesspiegel. In aktuellen Umfragen liegt Rot-Grün deutlich vor Schwarz-Gelb. Bouffier kommt zwar bei den eigenen Leuten als „Kumpeltyp“ gut an. Seine Popularitätswerte weisen jedoch keinen Amtsbonus aus. Und die Hoffnung, dass er als stellvertretender Vorsitzender der CDU im Bund in der Öffentlichkeit an Profil gewinnen könnte, hat sich nicht erfüllt.

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