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Politik: Zu wenig getan für Polizisten in Afghanistan

Brüssel - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wählte am Dienstag in Brüssel die Sprache der Diplomaten, um das Peinliche zu umschreiben, das Bernhard Gertz, der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, erst am Wochenende unverblümt ausgesprochen hatte: Die Bundesregierung habe beim Aufbau der afghanischen Polizei „schmählich versagt“, urteilte der Oberst der Bundeswehr. Der Einsatz von 40 deutschen Polizeibeamten sei ein „unverschämt kleiner Beitrag“ eines Landes, das sich immerhin verpflichtet habe, im Rahmen der EU bei der Polizeiausbildung in dem kriegsgeschüttelten Land die Führung zu übernehmen.

Brüssel - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wählte am Dienstag in Brüssel die Sprache der Diplomaten, um das Peinliche zu umschreiben, das Bernhard Gertz, der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, erst am Wochenende unverblümt ausgesprochen hatte: Die Bundesregierung habe beim Aufbau der afghanischen Polizei „schmählich versagt“, urteilte der Oberst der Bundeswehr. Der Einsatz von 40 deutschen Polizeibeamten sei ein „unverschämt kleiner Beitrag“ eines Landes, das sich immerhin verpflichtet habe, im Rahmen der EU bei der Polizeiausbildung in dem kriegsgeschüttelten Land die Führung zu übernehmen.

In der Sache konnte Schäuble der Kritik kaum etwas entgegenhalten. Beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel drückte er sich aber moderater aus: „Es ist uns nicht gelungen, die notwendige Zahl von Polizisten auszubilden. Die Quantität ist lange nicht ausreichend.“ Tatsächlich hat die EU den Afghanen versprochen, insgesamt 160 Ausbilder zu schicken. Derzeit sind nicht einmal 100 europäische Polizisten im Land, einschließlich der 40 Deutschen. Notwendig wären aber 5 000, behaupten die Amerikaner.

Doch nicht nur die Quantität – auch die Qualität der deutschen Ausbildung wird inzwischen international infrage gestellt: Die Konzentration der Deutschen auf die weitgehend theoretische Ausbildung von Führungskräften sei ein völlig falscher Ansatz, meinen die Experten in der Nato und in der EU. Die Ausbilder, die aus den Polizeidiensten der Bundesländer kommen und sich auf die Verhältnisse am Hindukusch offenbar nur unzureichend einstellen, bilden nach dem bundesrepublikanischen Modell in Polizeirecht, Verkehrsregelung und Kriminaltechnik aus. Ziel ist die Ausbildung von afghanischen Ausbildern. Das dauert seine Zeit, besonders wenn mit deutscher Gründlichkeit vorgegangen wird.

Unterdessen fehlen selbst in den Straßen der Hauptstadt Kabul die Streifenpolizisten, die den Menschen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln könnten. Afghanistan wird immer unsicherer. Der Bundesinnenminister räumte am Dienstag ein, dass die schlecht ausgerüsteten und ausgebildeten Polizisten in Afghanistan den Taliban oft unterlegen sind. In abgelegenen Polizeistationen sind sie den militärischen Überfällen der kampfgewohnten Islamisten meist hilflos ausgeliefert.

Die USA betreiben deshalb eine ganz andere Art der Polizeiausbildung. Sie trainieren in einer Art paramilitärischer Schnellbleiche sehr viele afghanische Polizisten, die unmittelbar danach in den Krisenregionen eingesetzt werden können.

Die afghanische Polizei brauche beides, sagte Schäuble am Montag in Brüssel: gut ausgebildetes Führungspersonal und den Polizisten an der Straßenecke. Berlins Innensenator Ehrhart Körting, der für die Bundesländer am EU-Ministerrat in Brüssel teilnahm, hält eine bessere Bezahlung der afghanischen Polizisten allerdings für entscheidend: „Sie müssen ihre Familien ernähren können.“ Nur so kann die Korruption eingedämmt und die Fahnenflucht der Uniformierten verhindert werden. Derzeit erhält ein afghanischer Polizist für seinen lebensgefährlichen Dienst nur rund 70 US-Dollar im Monat. Thomas Gack

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