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Politik: Zuckerbrot und Peitsche

London - Der Kampf gegen die Armut ist das große Projekt der in Großbritannien regierenden Labour-Partei. Soziale Ungleichheit war unter den Konservativen gewachsen.

London - Der Kampf gegen die Armut ist das große Projekt der in Großbritannien regierenden Labour-Partei. Soziale Ungleichheit war unter den Konservativen gewachsen. Als Labour 1997 die Regierung übernahm, versprach Tony Blair, den Trend umzukehren, und übernahm das neue Wort für Armut: „social exclusion“. Das Ziel, bis 2020 die Kinderarmut abzuschaffen, wird Labour allerdings verfehlen. Zwar ist es für 700 000 Kinder gelungen. Aber immer noch leben 3,4 Millionen britische Kinder in Armut – eine der höchsten Zahlen in der EU. Labour folgt zwei Prinzipien: Zuckerbrot und Peitsche, und möglichst gezielte Hilfe für die Gefährdesten. 1999 führte Labour zum Beispiel das „Sure Start“-Programm ein. In den sozial schwächsten Bezirken wurden Sozialzentren mit Beratungsgruppen und Kleinkindgruppen eingerichtet. Als sich zeigte, dass sogar hier die stabileren Familien überproportional profitierten und die Schwächsten nicht erreicht wurden, startete man ein neues Programm. Nun sollen Problemkinder vor der Geburt erfasst werden, damit Kinder von Trinkern, Drogensüchtigen, Teenagern, Dauerkriminellen nicht von ihren Eltern mit nach unten gezogen werden.

Die beste Form der gesellschaftlichen Partizipation ist ein Arbeitsplatz. Hier punktet Großbritannien mit seinem flexiblen Arbeitsmarkt. Die Kombination aus harten Arbeitslosenregelungen, Mindestlohn und Lohnzuschüssen für Familien und Alleinerziehende lockt auch die sozial Schwächsten von der Sozialhilfe in die Arbeit. Aber die hohe Einwanderung drückt auf die Löhne ungelernter Arbeiter, und Lohnzuschüsse haben die notorische Armutsfalle nicht abgeschafft.

Die Briten scheuen sich aber auch nicht vor der Peitsche: von einer Kampagne, Bettlern nichts zu geben, über drastische Maßnahmen gegen Schulschwänzer bis hin zu Gefängnis für die Eltern. Berühmt sind Sofortmaßnahmen, mit denen Sozialämter und Polizei Unterschichtenkrawallmacher und notorische Sozialstörer zur Ordnung zwingen wollen – bis hin zum Hausarrest. Es gilt, dass auch Unterschichtangehörige für ihr Verhalten verantwortlich sind.

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