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Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron schlägt Finanztransfers zwischen armen und reichen Euro-Staaten vor.

© AFP

Zukunft der Euro-Zone: Wille ohne Weg

Der Euro braucht mehr politische Steuerung – aber Berlin und Paris sind im Detail uneins. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Das Flugzeug befindet sich in einem Sturm, und die Piloten denken darüber nach, ob man nicht die Motoren ausbauen könnte. Mit einer derart bizarren Situation hat EU-Parlamentschef Martin Schulz einmal das Nachdenken der Politik über eine politische Vertiefung der Euro-Zone verglichen. Das war 2012, also auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise.

Inzwischen hat Hellas seinen Schrecken für den Rest der Länder in der Gemeinschaftswährung verloren, das Euro-Flugzeug – um bei Schulz’ Vergleich zu bleiben – befindet sich nicht mehr mitten im Sturm. Weil Europas Finanz- und Haushaltspolitiker nicht mehr im kurzatmigen Krisenmodus arbeiten, darf also jetzt tatsächlich nachgedacht werden: Braucht die Euro-Zone einen gemeinsamen Finanzminister? Ein gemeinsames Budget zur Absicherung gegen künftige Krisen?

Es ist vernünftig, wenn sich die Politik Gedanken über diese Fragen macht. Denn schließlich ist es ja gerade die Schuldenkrise in Griechenland, welche das Strukturproblem des Euro offen zutage gebracht hat. Während die Gründungsväter des Euro noch hofften, über das gemeinsame Geld werde man auch irgendwie zum gemeinsamen Wirtschaften kommen, ist die Realität heute eine andere. Einen haushaltspolitischen Konsens zwischen stabilitätsorientierten Ländern wie Deutschland und Euro-Staaten im Süden, die über das angebliche Berliner Spardiktat klagen, sucht man vergebens.

Über eine grundsätzliche Willensbekundung kamen Deutschland und Frankreich bis jetzt nicht hinaus

Dabei fällt auf, dass sich gerade Berlin und Paris schwer damit tun, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Zwar legten Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande im Mai ein gemeinsames Papier vor, in dem unter anderem mehr Handlungsvollmacht für die Euro-Finanzminister gefordert wurde. Das Papier war seinerzeit auch als Kampfansage an den britischen Premier David Cameron zu verstehen, nach dem Motto: Mag sein, dass Großbritannien mit seiner Mitgliedschaft in der EU Probleme hat – wir halten an unserer Vision einer engeren politischen Verzahnung der Länder in der Euro-Zone fest!

Das Problem liegt nur darin, dass Berlin und Paris seither über diese grundsätzliche Willensbekundung nicht hinausgekommen sind. Zuletzt legte der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron seine Vision von einer stärkeren Vergemeinschaftung innerhalb der Euro-Zone dar und untermauerte damit den Vorschlag einer Euro-„Wirtschaftsregierung“, den Hollande zuvor gemacht hatte. Macron regte Finanztransfers zwischen den armen und reichen Euro-Staaten an – und holte sich bei Merkel prompt eine Abfuhr.

Beim Treffen der EU-Finanzminister am Ende der kommenden Woche soll die Diskussion über die Vertiefung der Euro-Zone nun weitergehen. Bisher krankt die Debatte daran, dass Deutschland und Frankreich dabei unterschiedliche Ziele vor Augen haben. Berlin geht es vor allem darum, die Kontrolle in der Haushalts- und Wirtschaftspolitik zu verstärken. Paris träumt hingegen von einem neuen Umverteilungsmechanismus. Solange dieser Dissens besteht, bleibt die Diskussion vor allem eines: fruchtlose Theorie.

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