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Politik: Zum Heulen

Greenpeace in Kanada hält Robben nicht mehr für schutzbedürftig – zum Ärger der deutschen Kollegen

Kann das wahr sein? Greenpeace hat nichts mehr gegen die Robbenjagd einzuwenden? Vor allem Umweltaktivisten rieben sich die Augen. Die Nachrichtenagentur AFP titelte in einer Meldung über den offiziellen Beginn des Robbenschlachtens in Kanada: „Greenpeace toleriert Jagd“. In dem Agenturtext heißt es: „Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hält sich inzwischen mit Kritik zurück.“ Dann gab AFP ein Zitat des kanadischen Greenpeace-Aktivisten Steven Guilbeault wieder, der der kanadischen Tageszeitung „Le Devoir“ gesagt hatte: „Die Spezies ist im Gegensatz zu anderen Meeressäugern, für die wir uns einsetzen, nicht bedroht.“

In der deutschen Greenpeace-Zentrale in Hamburg war die Aufregung dementsprechend groß. Journalisten wollten wissen, woher der Sinneswandel komme. Es dauerte am Mittwoch mehrere Stunden, bis die Umweltorganisation nach internen Nachforschungen in der Lage war, eine Stellungnahme abzugeben. Fouad Hamdan, Sprecher von Greenpeace Deutschland, sagte dem Tagesspiegel, es handle sich bei dem Zitat um eine „falsche Übersetzung“ und „falsche Interpretation“. „Der Originaltext ist völlig anders.“ Greenpeace toleriere die Robbenjagd nicht. Entsprechende Berichte seien „Unsinn“. Ein Blick in die kanadische Zeitung zeigt aber: AFP hat den kanadischen Greenpeace-Experten offenbar richtig zitiert.

In einer differenzierten Ausführung erklärt er, dass „wir keine Kampagne mehr gegen die Robbenjagd machen“. Er beklagt zudem, dass es Leute gebe, „die noch in jedem Gegner der Robbenjagd Greenpeace-Aktivisten sehen“. Hintergrund ist, dass die Population der Robben inzwischen auf 5,2 Millionen Tiere angewachsen und nicht mehr in ihrem Bestand gefährdet ist. Als Greenpeace einst den Kampf gegen die Robbenjagd begann, lebten nur noch 1,8 Millionen Tiere. Für die Umweltorganisation steht aber viel auf dem Spiel. Sie lebt auch von den Spenden derjenigen, die seit Jahren von den Bildern der Robbenjagd und des Walfangs aufgerüttelt werden. Im Jahre 2002 kamen allein bei Greenpeace Deutschland 35,25 Millionen Euro Spenden zusammen.

In Kanada indes hat die Regierung nach zwei Tagen blutigen Robbenschlachtens die Jagdsaison für vorerst beendet erklärt. Man prüfe, ob die Quote der zur Jagd freigegebenen Tiere erreicht sei, hieß es in Montreal.

Christine Wetzel

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