zum Hauptinhalt

Zum Tod von Kurt Biedenkopf: Er konnte Menschen in einem Maße beeindrucken, dass ihm viele folgten

„König Kurt“ hatte keine Angst vor Fürstenthronen. Höchstens vor seiner (zweiten) Frau, seiner Jugendliebe. Ein Nachruf.

Er war gebildet, rhetorisch begabt, innovativ - und ließ es gerne jeden wissen: Kurt Biedenkopf, „König Kurt“.

Zwölf Jahre war er nach der großen innerdeutschen Wende Ministerpräsident in Sachsen. Er setzte dem Amt in Dresden die Krone auf. Daher der Spitzname. Auch daher. Jetzt ist er in Dresden gestorben, im stolzen Alter von 91.

Biedenkopf hatte keine Angst vor Fürstenthronen. Höchstens vor seiner (zweiten) Frau, seiner Jugendliebe. Da reichte ein mal liebevoller, mal strenger Blick, um ihn zu stoppen. Oder anzutreiben.

Aber in der Politik war es so: Als Helmut Kohl, der spätere Kanzler der Einheit, ihm zu großmächtig wurde, schon in den 1970er Jahren war das, widersprach er ihm. Direkt und öffentlich. Und war doch sein Generalsekretär in der CDU.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Wohin das führte? Nun, unter Kohl in die Verdammnis und Verdammung. Aber „Biko“, wie er in der CDU hieß, kam wieder. Er wirkt vielleicht nicht auf sehr viele nahbar, doch konnte er Menschen in einem Maße beeindrucken, dass ihm viele folgten. Auch in der CDU Kohls. Er wurde CDU-Chef erst in Westfalen, dann in ganz Nordrhein-Westfalen. Nur Ministerpräsident in diesem Land wurde Biko nicht. Da war Johannes Rau, der Menschenfischer, ihm über.

Und dann Sachsen. Zu seinem Glück wollte Heiner Geißler nicht dorthin; der war nach ihm lange Generalsekretär unter Kohl, bis auch er sich mit ihm überwarf. Geißler schlug ihn vor. Es war für Biedenkopf eine Offenbarung. Und wie eine späte Heimkehr, denn geboren wurde er 1930 in Ludwigshafen am Rhein, wie Kohl, aber seine Kindheit verbrachte Biedenkopf im Osten, im sächsischen Chemnitz, dann in Schkopau und Merseburg im heutigen Sachsen-Anhalt.

Der damalige CDU-Vorsitzende Helmut Kohl (l) und der CDU-Generalsekretär Kurt Biedenkopf am 20.10.1975 in Bonn.
Der damalige CDU-Vorsitzende Helmut Kohl (l) und der CDU-Generalsekretär Kurt Biedenkopf am 20.10.1975 in Bonn.

© picture alliance/dpa

Nach Kriegsende 1945 wurde die Familie wegen des Berufs seines Vaters in der Chemieindustrie von den Amerikanern nach Hessen gebracht. Biedenkopf promovierte in Jura, wurde später Rektor der Ruhr-Universität in Bochum. Vor seiner Zeit als CDU-General war er in den siebziger Jahren in der Geschäftsführung des Henkel-Konzerns in Düsseldorf, etwas, das ihn zusätzlich als Politiker interessant machte.

Es verlieh ihm den Ruf, Experte in Wirtschaftsfragen zu sein. Den festigte er, indem er später noch ein wissenschaftliches Institut gründete, aus dem heraus immer wieder entsprechende Ideen und Impulse publiziert wurden. Und tatsächlich ging es Sachsen, dem „Freistaat“, als den er ihn etablierte, erstaunlich schnell gut, mindestens besser als anderen Staaten.

Auch im Westen. Die Offenbarung, seine große Stunde: Biedenkopf, der Mann mit Ideen, rhetorisch begabt, gebildet, redete seine Sachsen stark. Sie dankten es ihm mit absoluten Mehrheiten.

„König Kurt“: Widerrede zu ertragen, wurde seine Sache im Laufe der Jahre weniger. Obwohl er ja auch oft recht hatte, in der Politik wie bei Personen. Selbstherrlich nannten sie ihn dann, allerdings nicht zuletzt die von ihm Kritisierten. Nach seiner Abdankung lebte er eine Zeitlang am Chiemsee, seinem zweiten Zuhause, wohl auch, weil er sich nicht gewürdigt, eher beleidigt fühlte, dann aber doch wieder in Dresden. Es war  - eine Heimkehr.

Ein paar Affären, Affärchen waren seinem Stil geschuldet, aber heute darf der Mantel des Schweigens darüber ausgebreitet werden. Kurt Biedenkopf, das kann man ohne Übertreibung angelehnt an die altrömische Dankesformel sagen, hat sich um das Land verdient gemacht. Sogar das ganze.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false