zum Hauptinhalt
Gleichberechtigte Partner: Patrick Macnee als John Steed und Diana Rigg als Geheimagentin Emma Peel in der britischen Erfolgsserie «Mit Schirm, Charme und Melone» 1964

© dpa

Zum Tod von Patrick Macnee: „Mrs. Peel, wir werden gebraucht“

Er spielte den Gentleman John Steed im globalen Fernsehhit „Mit Schirm, Charme und Melone“ – jetzt ist Patrick Macnee gestorben.

Ein wahrer britischer Gentleman verliert seine Fassung nicht. Also antwortete John Steed im Angesicht des Killerkommandos auf die Frage, ob er noch einen letzten Wunsch habe: „Würden Sie bitte meine Milch abbestellen?“ Natürlich hat John Steed diese wie andere lebensgefährliche Situationen überlebt. Musste er auch. Sonst hätte die Fernsehserie „Mit Schirm, Charme und Melone“ (im englischen Original: „The Avengers“) zumindestest vor der Frage der Neubesetzung gestanden. Undenkbar, die Fans hätten aufgeschrieen. Und die Produzenten wollten eines sicher nicht: den wachsenden, bald globalen Erfolg der Serie gefährden.

Mit stählerndem Bowler und Schirm-Schwert

Patrick Macnee hat John Steed gespielt, in den 161 Episoden, die von 1961 bis 1969 gedreht wurden, und auch in den 26 Folgen, mit denen die Neuauflage „The New Avengers“ 1976/77 versucht wurde. Die Fortsetzung bekam Aufmerksamkeit, jedoch war der Erfolg nicht annähernd so groß wie der des Originals. Das war charmant, magisch, ja fernsehrevolutionär. John Steed war die feste, die bekannte Größe. Vom Kopf mit Bowler bis zu den Füßen gekleidet wie ein britischer Aristokrat, Nelke im Knopfloch, in der Rechten ein Regenschirm, der ein Schwert verbarg, war er gegen alle Unbill des Geheimdienstes gewappnet. Zwar wurde nie ganz klar, für wen Steed eigentlich arbeitete, wichtiger war das lässige Signal: „Mrs. Peel, wir werden gebraucht.“

Emma Peel war die eigentliche Attraktion, ihre Rolle war eine Sensation. Mann wie Frau agierten auf einer Ebene, wobei Mrs. Peel etwas für jene Zeit Unerhörtes tat: Sie kämpfte, kickte, warf die Kerle durch den Raum. Steed schaute mit emporgezogener Augenbraue zu, wenn er nicht gerade mit stählernem Bowler und Schirm-Schwert seiner Partnerin den Mann stand. Und Emma Peel war eine Stilikone, die Verkündigung der aufkommenden „Roaring Sixties“ in London. Sie trug Outfits in scharfen Mustern, sie trug einen Leder-Catsuit, der BH war schon mal sexy silbern (soweit im Schwarz-Weiß-Fernsehen erkennbar). Was für Auftritte, war für ein Paar! Der Kontrast funktionierte, weil Patrick Macnees John Steed und Diana Rigg – the one and only Mrs. Peel – in Spiel, Witz und British Coolness ebenbürtig harmonierten. Für die Schauspielerin war die Rolle der Start-, für Macnee der Dreh- und Angelpunkt der Karriere.

Mit Christopher Lee zur Schule gegangen

Geboren am 6. Februar 1922 in London, war Patrick Macnee fast 40, als die Dreharbeiten für „Avengers“ begannen. Der Weg dahin war ungerade: der Vater Pferdetrainer und Trinker, also zogen ihn die Mutter und deren Lebensgefährtin auf. Klassenkamerad war der jüngst verstorbene Christopher Lee, mit dem er „Heinrich V.“ auf die Schulbühne brachte. Eton College musste er verlassen, weil er einen Spielerring aufgezogen hatte und mit Pornografie handelte. Schauspielausbildung, kleine Bühnen- und Filmrollen, dann wurde er von der Royal Navy eingezogen.
Nach dem Krieg waren die Engagements derart enttäuschend, dass er als Produzent nach Kanada ging, später als Schauspieler nach Hollywood. Zwei Filmtitel stechen heraus: „Panzerschiff Graf Spee“ (1956), „Die Girls“ (1957) 1959 kehrte Patrick Macnee nach England zurück, produzierte 1960 die Fernsehserie „Winston Churchill: The Valiant Years“, und dann, ja dann, folgte der Weltruhm: „The Avengers“.

Natürlich klebte die John-Steed-Rolle wie eine zweite Haut an dem Schauspieler, er war mehr Typenprofi als Verwandlungskünstler. In dem Spielfilm „Die Seewölfe kommen“ mit Gregory Peck, Roger Moore und David Niven verzeichnete er 1980 noch einen Kassenerfolg, war als Stimme in der Kinoversion der „Avengers“ 1998 dabei – tatsächlich vermerkt die Filmografie wenige Hauptrollen wie in der Serie „Thunder in Paradise“ (1994). Es gab größere Nebenparts („James Bond 007 – Im Angesicht des Todes“, 1985), es gab Gastrollen. Seinen letzten Spielfilm drehte der Amerikaner – Macnee war 1959 US-Bürger geworden – 2003 mit „The Low Budget Time Machine“. Er war gut genug beschäftigt, drei Ehen und ein komfortables Leben in Südkalifornien zu finanzieren. Am Donnerstag ist Patrick Macnee gestorben. Mit 93 Jahren. Wie Christopher Lee.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false