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Im Gebet vereint. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo haben Zehntausende die Vollendung ihrer Revolution verlangt – zwei Wochen nach Mubaraks Rücktritt. Foto: Peter Andrews/Reuters

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Politik: Zur Erinnerung

Die Demonstranten in Ägypten wollen nicht locker lassen, bis ihre Forderungen erfüllt werden

Berlin - Genau zwei Wochen ist es her, dass der ägyptische Staatschef Hosni Mubarak zurücktreten musste. An diesem Freitag haben sich wieder zehntausende Ägypter auf dem Tahrir-Platz in Kairo versammelt, um an ihren Sieg zu erinnern. Damals hatten sie 18 Tage lang ununterbrochen auf dem Platz und in anderen Städten Ägyptens demonstriert. Nach dem Mittagsgebet kehrten die Demonstranten auf den Platz der Befreiung zurück. „Mubarak, wir wollen unser Geld“ und „Das Volk will einen Prozess gegen den Präsidenten“, riefen die Demonstranten im Zentrum der Stadt. Außerdem bekundeten sie ihre Solidarität mit ihren Brüdern und Schwestern in Libyen, Jemen, Bahrain, Marokko und Algerien.

Wael Ghonim, Gründer der Facebook- Gruppe, die vor einem Monat zu den Massenprotesten in Ägypten aufrief, stand am Freitag schon wieder auf dem Platz der Befreiung: Er will so lange seine Forderungen auf die Straße tragen, bis alle erfüllt werden. Der Google-Manager begann nach Mubaraks Sturz Gespräche mit dem Obersten Militärrat, der unter Führung des Verteidigungsministers Mohamed Hussein Tantawy über die Zukunft des Landes bestimmt. Obwohl der Militärrat zentrale Forderungen der Opposition erfüllte, das Parlament auflöste und erklärte, dass in spätestens sechs Monaten Neuwahlen stattfinden sollen, reicht den Demonstranten das nicht. Die Jugendbewegung, bestehend aus Pro-Demokratie-Aktivisten, verlangt unter anderem die Ablösung des Kabinetts. Viele halten die Regierung des von Mubarak ernannten Ministerpräsidenten Ahmed Shafik für Reste des alten, korrupten Regimes. Obwohl am Dienstag ein neues Kabinett vereidigt wurde, dem zum ersten Mal auch Mitglieder der Opposition angehören, gibt es daran weiter Kritik. Denn die Besetzung der Ministerposten für Verteidigung, Äußeres, Finanzen und Inneres änderte sich nicht. Auch die am Donnerstag vorgelegte Entschuldigung an das ägyptische Volk, über die seit Jahren begangenen Fehler der Vorgänger, konnte die Bürger nicht milder stimmen. Die Opposition fordert außerdem, dass das seit mehr als 30 Jahren existierende Notstandsgesetz aufgehoben wird, und dass alle politischen Gefangenen freigelassen werden. Zudem wird gefordert, dass die Militärführung einen Zeitplan für die politischen Reformen festlegt.

An diesem Samstag wird ein vom Militär eingesetzter Verfassungsausschuss seinen Entwurf für ein neues Grundgesetz vorlegen. Der von dem pensionierten Richter Tarik al Bishri geführte Ausschuss soll ägyptischen Medienberichten zufolge grundlegende Änderungen beschlossen haben. So sollen künftig auch Parteilose für das Amt des Präsidenten kandidieren dürfen. Außerdem soll eine Amtszeit auf vier oder fünf Jahre beschränkt werden, zudem solle jeder Staatschef nur einmal wiedergewählt werden dürfen. In knapp zwei Monaten soll eine Volksabstimmung über diese Verfassungsreform stattfinden.

Der ägyptische Friedensnobelpreisträger Mohamed el Baradei forderte am Donnerstag außerdem, dass gegen alle ehemaligen hochrangigen Beamten eine Untersuchung in die Wege geleitet wird. „Wir müssen alle Verantwortlichen finden, die unsere Jugendlichen während der Demonstrationen getötet haben“, sagte der 68-Jährige. Das Gleiche verlangt auch Wael Ghonim, der Mitorganisator der Proteste, auf seiner Facebookseite: „Ich gehe auf die Straße, weil das Blut aller Gestorbenen nicht umsonst geflossen sein darf, weil das Innenministerium immer noch nicht verstanden hat, dass ägyptische Bürger Rechte haben und weil das Notstandsgesetz noch immer nicht aufgehoben wurde. Die Revolution geht weiter.“ Wenn nötig auch an den kommenden Freitagen.

Karin Fischer

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