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Politik: Zurück auf Los

Nach der Niederlage von Platzhalter Wolfgang Jüttner steht die niedersächsische SPD vor dem Neuanfang

Eigentlich war es doch von vornherein klar, dass Wolfgang Jüttner diese Wahl nicht würde gewinnen können. Als sich die SPD vor zwei Jahren entschied, den heute 59 Jahre alten Sozialdemokraten als Spitzenmann für die Landtagswahl zu präsentieren, war von Siegeszuversicht schon keine Spur. Schon damals hatte sich Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) als ein sehr geschickt arbeitender, populärer Regierungschef erwiesen. Sigmar Gabriel war nach Berlin in die neue Bundesregierung gewechselt, Jüttner war an der Reihe.

Er ist erfahren und talentiert, war Umweltminister und SPD-Bezirkschef in Hannover. Einer, der die Partei einigt und der es schafft, bei Wahlen zum Vorstand breite Mehrheiten zu bekommen. Nach den Einzelkämpfern an der SPD-Spitze, Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel, für viele eine willkommene Abwechselung. Ein wenig langweilig und dröge vielleicht, aber dafür fest verwurzelt im sozialdemokratischen Milieu. Seit Sonntag nun steht Jüttner auch für etwas anderes – für das mit Abstand schlechteste Ergebnis, das die niedersächsische SPD je erzielt hat. Es entspricht durchaus Jüttners Eigenart, dass er nicht schon Sonntagabend die Flinte ins Korn geworfen hat, sondern im Gegenteil noch Kampfesmut ausstrahlen wollte. Nie würde ein Wolfgang Jüttner eine solche Entscheidung treffen, ohne sich mit den wichtigen Gremien abgestimmt zu haben. Die tagen nun unaufhörlich: Parteivorstand, Landesvorstand, neue Landtagsfraktion.

Wie soll es jetzt weitergehen mit der SPD? Jüttner war ein Platzhalter, sein Scheitern bei der Wahl war von SPD-Strategen einkalkuliert worden – ohne dass die Wahl deshalb schon von vornherein verloren gegeben worden wäre. Möglich, dass nun der parteiinterne Burgfrieden endet. Jüttner stand für den linken Flügel, die stark auf Mindestlohn konzentrierte Kampagne entsprach auch seiner eigenen Ausrichtung. Als einer der Ersten ging am Montag der SPD-Landesvorsitzende Garrelt Duin auf Distanz. Nach der Schlappe gebe „es überhaupt nichts zu beschönigen“, sagte er. Die Niedersachsen-SPD habe ihre Wahlziele „allesamt verfehlt“. Seine Partei habe mit dem seit Jahren andauernden „massiven Vertrauensverlust“ gegenüber der deutschen Sozialdemokratie zu kämpfen gehabt – und „zu sehr auf die Gruppe gezielt, die auch von der Linkspartei bedient wird“. Womöglich, sagte Duin, habe die SPD die „normalen Menschen“ nicht erreicht, die für die Themen Mindestlohn und Hartz-IV-Leistungen nicht empfänglich waren. Nun ist der aus Ostfriesland stammende und erst 39 Jahre alte Bundestagsabgeordnete Duin im Prinzip jemand, der bei der nächsten Landtagswahl 2013 für die SPD antreten könnte. Das Problem ist nur: Duin hatte sich 2007 geweigert, für den Landtag zu kandidieren – und damit aus Sicht vieler in der SPD signalisiert, dass er gar kein richtiges Interesse an Landespolitik habe. Immerhin will Duin gern SPD-Landeschef bleiben. Ob ihm das gelingt, ist fraglich. Denn neben Jüttner zeichnet auch er für den Landtagswahlkampf verantwortlich. So zeigt sich die niedersächsische SPD nach der herben Wahlniederlage kopflos. Falls Jüttner an der Fraktionsspitze bleiben sollte, wäre dies nur für einen Übergang – um neue Leute aufzubauen, die jetzt erstmals in den Landtag gewählt wurden und sich in den kommenden Jahren profilieren sollen.

Wenn Jüttner kippen sollte, weil die Partei nach diesen Verlusten ein Opfer braucht, dann wäre ein alter Parteisoldat wie der frühere Innenminister Heiner Bartling als Übergangskandidat denkbar. In jedem Fall ist eines in der SPD klar: Wie die Partei wieder zu neuen Kräften kommen will, weiß derzeit von den führenden Leuten noch niemand.

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