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Politik: „Zusagen für Sri Lanka nur bei Frieden“

Ministerin fordert Signal westlicher Regierungen

Der frühere US-Präsident Clinton hat den Aufbau im indonesischen Aceh kritisiert: Es reiche nicht, wenn nur 35 Prozent der Menschen wieder eine endgültige Bleibe hätten. Schließen Sie Sich seiner Kritik an?

Nein. Was ich in Aceh gesehen habe, halte ich für eine großartige Wiederaufbauleistung. Überlegen Sie, unter was für extrem schweren Bedingungen die Menschen dort arbeiten: Möglicherweise bis zu 160 000 Menschen hat der Tsunami dort getötet. Zusätzlich hat die Katastrophe eine Region getroffen, der aufgrund eines mehr als 30-jährigen Bürgerkrieges die Struktur fehlte, um auf so ein Ereignis entsprechend zu reagieren. Was bisher in Aceh geleistet worden ist, ist bewunderungswürdig. Wer kritisiert, dass nach zwei Jahren noch nicht alle Häuser wiedererrichtet worden sind, muss sich vergegenwärtigen, dass Katastrophen selbst Industrieländer überfordern können. Man denke an New Orleans, wo nach dem Hurrikan Katrina manche Viertel immer noch zerstört sind.

In Aceh kam nach dem Tsunami ein Friedensprozess in Gang. Vor zwei Wochen wurde zum ersten Mal der Provinzgouverneur frei gewählt. Warum geht es dort voran, in Sri Lanka aber nicht?

Meiner Ansicht nach hängt das damit zusammen, dass in Indonesien die entscheidenden Akteure, also die Gam-Rebellen sowie die Regierung in Jakarta, in der Lage waren zu sehen: Angesichts dieser Katastrophe haben wir eine gemeinsame Verantwortung, der wir uns stellen müssen. Und das haben sie getan.

Wie trägt die Bundesregierung dazu bei, dass sich die Entwicklung nicht umkehrt?

Wiederaufbauhilfe und Unterstützung des Friedensprozesses müssen weiter miteinander verknüpft werden. Allerdings hat sich die deutsche Hilfe von vornherein nicht nur auf die leichter zugängliche Westküste konzentriert, sondern auch Acehs Ostküste miteinbezogen, wo die Gam besonders stark war. Konkret wollen wir uns noch mehr dafür engagieren, dass frühere Gam-Kämpfer eine Ausbildung für einen zivilen Beruf bekommen. Und wir arbeiten darauf hin, dass die Rechte der Frauen geachtet werden und sie eine Chance bekommen, diese durchzusetzen. Denn sie sind, so habe ich das in Aceh erlebt, eine besonders starke, treibende Kraft im Wiederaufbauprozess.

In Sri Lanka gibt es fast täglich Gefechte. Was bedeutet der wieder aufgeflammte Bürgerkrieg für die deutsche Hilfe?

Der Aufbauprozess in Sri Lanka geht trotz des Bürgerkriegs weiter. Das heißt, wir setzen die Projekte fort, die unsere Helfer noch erreichen können. Im Tamilengebiet im Norden der Insel allerdings ist es inzwischen zu gefährlich, dort können wir augenblicklich nicht helfen. Zur Halbinsel Jaffna haben wir gar keinen Zugang mehr.

Warum sagen Sie Tamilen und der Regierung nicht: Wenn ihr euch nicht zusammenrauft, stoppen wir unsere Hilfe ganz?

Das werden wir nicht machen, da darunter gerade die Tsunami-Opfer leiden würden. Jedoch haben wir gegenüber der Regierung neue Zusagen so lange gestoppt, bis der Friedensprozess wieder in Gang kommt. Es wäre schön, wenn andere westliche Regierungen auch so handeln würden. Weil die Gelder derzeit nicht entsprechend eingesetzt werden können, hat das Entwicklungsministerium gerade 19 Millionen Euro, die für Sri Lanka vorgesehen waren, für den Häuserbau und Ausbildungsmaßnahmen in Aceh umgewidmet. Damit beläuft sich die deutsche Hilfe für Indonesien auf insgesamt 186 Millionen Euro bis 2009.

Was ist aus den Partnerschaften mit Schulen, Städten und Gemeinden geworden, zu denen Kanzler Schröder aufgerufen hatte?

Die meisten der fast 900 Partnerschaften existieren noch und leisten hervorragende Arbeit. Ende des Jahres wird zwar formell die Vermittlung von Partnerschaften beendet, aber die Anlaufstelle „Kommunen in einer Welt“ arbeitet weiter.

Das Gespräch führte Ruth Ciesinger.

Entwicklungsministerin Heidemarie-Wieczorek-Zeul (SPD) machte sich Mitte des Monats im indonesischen Aceh selbst ein Bild vom Wiederaufbau. Mit ihr sprach Ruth Ciesinger.

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