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Politik: Zusammenarbeit in Grenzen

Eine Fusion ihrer Länder lehnen die CDU-Ministerpräsidenten aus Dresden, Erfurt und Magdeburg ab. Sie wollen sich aber auch nicht gegenseitig Konkurrenz machen

Regierungschef Bernhard Vogel in Erfurt mag gar nicht daran denken, es könne kein eigenständiges Thüringen mehr geben. Auch sein Dresdner Kollege Georg Milbradt hält vom Fusionieren zumindest dann nichts, wenn es um das Bewahren von Ländergrenzen geht. Und der Magdeburger Ministerpräsident Wolfgang Böhmer hat die Debatte um die Länderneugliederung gar eine „witzlose Diskussion“ genannt.

Das Problem der drei CDU-Ministerpräsidenten ist freilich, dass Eigenständigkeit auch bezahlt werden muss. Ihre drei Länder werden aber nicht so bald auf die Beine kommen, wie die Landespolitiker es gerne hätten, der Finanzausgleich fließt daher weiter üppig gen Osten, die Debatte über eine Länderneugliederung wird immer auch Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Blick haben. Jene Region also, die einst als klassisches Beispiel für den territorialen deutschen Flickerlteppich, auch Kleinstaaterei genannt, herhalten musste. Immerhin wäre ein mitteldeutscher Staat flächenmäßig nach Bayern das zweitgrößte Bundesland und nach Einwohnern die Nummer drei. Er hätte sechs Stimmen im Bundesrat und damit vergleichbaren Einfluss wie Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg. Doch ein Bundesland Sachsen-Thüringen wird es so schnell nicht geben.

Dass dennoch derzeit über mögliche Fusionen diskutiert wird, hat mit einem politischen Vorstoß aus dem vergangenen Jahr zu tun. Damals entstand auf Betreiben Böhmers die Initiative Mitteldeutschland, die an Bestrebungen im ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts anknüpft, über politische Grenzen hinweg einen mitteldeutschen Wirtschaftsraum zu schaffen. Nun haben die drei CDU-Ministerpräsidenten Erklärungsbedarf, was denn nun das letzte Ziel der Initiative sein soll. Milbradt hat das Projekt als „Gegenmodell zu einer Fusion“ bezeichnet. Kooperation gehe vor Zusammenlegung. Er verweist darauf, dass man mit den derzeit zwölf Stimmen der drei Länder besser fahre als mit den sechs eines neuen Einzellandes. Offen hat zudem der sächsische Justizminister Thomas de Maiziere zugegeben, dass das Label Mitteldeutschland das ungeliebte, weil mit Rückständigkeit gleichgesetzte Ostdeutschland ersetzen soll.

Im Kern geht es bei der Initiative Mitteldeutschland um drei Dinge. Man will gegenüber dem Bund und in Brüssel gemeinsam auftreten und versuchen, über den Bundesrat für die Region in konzertierter Aktion mehr herauszuholen. So gibt es derzeit Vorstöße für eine Öffnung von Bundesgesetzen zur Erleichterung der Verkehrsplanung und zur Deregulierung am Arbeitsmarkt. Bei großen Ansiedlungsprojekten – oder auch bei der Olympiabewerbung – will man die regionalen Eifersüchteleien möglichst hintanstellen und sich keine unnötige Konkurrenz mache. Und drittens sollen Sparpotenziale genutzt werden, indem möglichst viele Ämter und Aufgaben zusammengelegt werden.

Die Innenminister der drei Länder haben dazu einen Katalog erarbeitet. Immerhin jeweils zwölf Behörden müssen damit rechnen, zusammengelegt zu werden. Darunter sind die Statistischen Landesämter, die Justizschulen, die zentralen Verwaltungen für Forsten, das Mess- und Eichwesen und die Materialprüfung, die Finanzgerichte, Landessozialgerichte, Landesarbeitsgerichte. Auch die Datenverarbeitung der Landesverwaltungen könnte zentralisiert werden. „Das spart immense Kosten“, heißt es. Bei den Landesämtern für Soziales sollen Aufgabenbereiche zusammengelegt werden. Thüringen und Sachsen-Anhalt haben schon ein gemeinsames Landesarbeitsamt, Sachsen und Thüringen betreiben eine Landeszentralbank zusammen. Über Prüfvorschläge hinaus ist das Vorhaben noch nicht gediehen. Aber im ersten Halbjahr, verlautet aus Magdeburg, würden noch erste Ergebnisse vorliegen. Ans „Eingemachte“ wollen die drei Ministerpräsidenten womöglich noch im April gehen.

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