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Vage Hoffnung. Ob sich der Protest lohnt? Profitieren von den Plänen wird mittelfristig nur, wer 45 Beitragsjahre und dazu private Vorsorge nachweisen kann.

© ecopix/Friedel

Zuschussrente: Ursula von der Leyen im Kampf gegen die Altersarmut

Die Arbeitsministerin legt neue Rentenpläne vor, nach denen Geringverdiener von einer steuerfinanzierten "Zuschussrente" profitieren sollen. Die Opposition und der DGB kritisieren die Pläne jedoch als „Mogelpackung“.

Berlin - Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) möchte der drohenden Altersarmut mit einer steuerfinanzierten „Zuschussrente“ begegnen. Geringverdiener, die auf mindestens 45 Versicherungsjahre kommen und zusätzlich privat vorgesorgt haben, sollen ihre Altersrente auf 850 Euro aufgestockt bekommen – das wären bis zu 200 Euro mehr als in der Grundsicherung. Gleichzeitig soll es Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und mehr Zuverdienstmöglichkeiten für Rentner geben.

Die CDU-Politikerin bestätigte diese Pläne in einem Interview mit der „Zeit“. Geringverdiener, die ein Leben lang gearbeitet haben, würden bisher „genauso behandelt wie jemand, der nie gearbeitet oder vorgesorgt hat“, sagte sie. „Das ist ungerecht, da müssen wir nachbessern.“ Für 2013 erwarte sie bereits 15 000 bis 20 000 Berechtigte für die neue Zuschussrente. Danach werde die Zahl schnell bis auf 100 000 steigen, 2035 sei mit gut einer Million Berechtigter zu rechnen.

Dabei sind die Kriterien streng. Anspruch auf die Zuschussrente sollen nur Geringverdiener mit mindestens 45 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung oder einem vergleichbaren öffentlich-rechtlichen Alterssicherungssystem haben. Angerechnet werden dafür zwar auch Schul-, Berufsausbildungs-, Studien- und Krankheitszeiten sowie Phasen von Arbeitslosigkeit und Schwangerschaft. Die Berechtigten müssen aber mindestens 35 Pflichtbeitragsjahre aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflege nachweisen können – und mindestens 35 Jahre lang zusätzlich privat oder betrieblich fürs Alter vorgesorgt haben.

Lesen Sie auf Seite zwei: Wie der Staat den Zugang zur Zuschussrente erleichtern möchte.

Zum Start immerhin soll der Zugang erleichtert sein. Um Zuschussrentner zu werden, genügten fürs Erste 40 Versicherungsjahre, 30 Beitragsjahre und fünf Jahre zusätzlicher Vorsorge, hieß es in Regierungskreisen. Wegen der Berücksichtigung von Kindererziehung (bis zum zehnten Lebensjahr) und Pflege kämen wohl vor allem Frauen zum Zuge. Ihr Anteil werde etwa 75 Prozent betragen.

Es müsse einen Unterschied machen, ob jemand Beiträge gezahlt und fürs Alter vorgesorgt habe oder nicht, argumentiert man in der Regierung. Zudem wolle man auch Geringverdiener zu ergänzender Altersvorsorge motivieren. Bisher wurden etwa Riester-Renten bei der Grundsicherung voll angerechnet, die Alterseinkünfte der Betroffenen erhöhten sich dadurch um keinen Deut. Nutznießer der Privatvorsorge war folglich allein der Staat.

Auch bei den Erwerbsminderungsrenten soll es Verbesserungen geben. Die Zurechnungszeit soll – stufenweise und parallel zur Anhebung des Rentenalters auf 67 – so angehoben werden, dass Erwerbsgeminderte langfristig eine Rente bekommen, als hätten sie bis zum 62. Lebensjahr mit dem alten Einkommen weitergearbeitet. Bislang wurde der Rentenbemessung das 60. Lebensjahr zugrunde gelegt.

Zudem dürfen die Rentner künftig mehr dazuverdienen. Abschlagsfrei ist den Plänen zufolge künftig ein Zuverdienst, der zusammen mit der Rente das letzte Bruttogehalt nicht übersteigt. Bisher dürfen Rentner nur 400 Euro dazuverdienen, wenn sie keine Abschläge hinnehmen wollen.

Lesen Sie auf Seite drei: Die Kritik der Opposition. Die Zuschussrente als "Mogelpackung".

Bei Opposition und Sozialverbänden stießen die Rentenpläne auf heftige Kritik . SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles nannte die Zuschussrente „eine Mogelpackung“. Die Ministerin vernachlässige ausgerechnet diejenigen mit dem höchsten Armutsrisiko: Menschen mit langer Arbeitslosigkeit und geringem Einkommen. Linken-Chef Klaus Ernst verlangte „eine echte Untergrenze gegen Altersarmut“. Keiner dürfe im Alter weniger als 850 Euro haben. Die Grünen sprachen von einer „Mini-Reform“, mit der das Problem der Altersarmut nicht zu lösen sei.

Auch der DGB kritisierte, dass der berechtigte Personenkreis „viel zu eng und falsch definiert“ sei. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, sagte, Leyens Kriterien würden nur von „wenigen Tausend Personen“ erfüllt. Die Vorschläge seien „eine reine Farce und in keiner Weise geeignet, das gewaltige Problem der auf uns zurollenden Altersarmut auch nur im Ansatz zu lösen“. Zudem dürften langjährig Versicherte „nicht auf Almosen verwiesen werden“. Das sei „eine Frage des Respekts vor der Lebensleistung eines Menschen“. Die vorgesehenen Bedarfsprüfungen führten die Rentenversicherung „als Pflichtversicherung ad absurdum“.

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