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Politik: Zuspruch von „XY“

Von Kerstin Kohlenberg und Jürgen Zurheide So viele E-Mails hat er noch nie bekommen. 4400, doppelt so viele wie gewöhnlich.

Von Kerstin Kohlenberg

und Jürgen Zurheide

So viele E-Mails hat er noch nie bekommen. 4400, doppelt so viele wie gewöhnlich. Seitdem Jürgen W. Möllemann die Palästinenser versteht und auch ihre Selbstmordattentate („Ich würde mich auch wehren, und zwar mit Gewalt. Und ich würde das nicht nur im eigenen Land tun, sondern auch im Land des Aggressors.“ „taz“, 4. April), wird er auf seiner Internetseite www.juergenwmoellemann.de gefeiert. Die Mehrzahl der Fans bleibt anonym. „Da braucht nur jemand den Widerstand (der Palästinenser) legitimieren, schon bezeichnet man ihn als Terroristen“, schreibt zum Beispiel ein „XY“.

Die Aussage in der „taz“ hat Möllemann mittlerweile mehr oder weniger präzisiert und erklärt, dass er Selbtmordattentate natürlich nicht billige. Auf seiner Internetseite verwehrt er sich gegen den Vergleich des Nahost-Konflikts mit der Vertreibung der Deutschen aus Schlesien und Ostpommern. „Millionen Deutsche wurden vertrieben, weil wir unsere Nachbarn im Osten und Südosten mit Krieg, Verfolgung und Massenmord überzogen haben. In Palästina hat Israel Palästinenser vertrieben und Land besetzt, das nicht zum Staat Israel gehört.“

Die meisten Mails bekam Möllemann kurz nach seinem Auftritt in der Talkrunde „Christiansen“ am 14. April. „Ich hoffe von Tag zu Tag, dass jeder so denkt wie Sie,“ schreibt Deniz, und Max erklärt, er „hätte kein Problem auf einen Israeli zu schießen, wenn es im Rahmen eines UN-Mandats erforderlich wäre.“ Er wird gelobt und beglückwünscht zu diesem ungeheuren Mut, „sich nicht der jüdischen Macht zu unterwerfen“, und dass da einer ist, „der sich nicht direkt ins Hemd macht, wenn das Wort Israel fällt“. Möllemann schreibt in seiner Eingangskolumne, dass 95 Prozent der Zuschriften auf dieser Seite positiv seien und ihn in seinem Engagement ermutigen. Für die wenigen Kritiker wie W. Maier oder Peter Keul, ist Möllemann ein Grund, die FDP nicht mehr zu wählen. Die meisten Möllemann-Gegner sind allerdings gleichzeitig auch ausgesprochene Palästinenser-Hasser. Ausgewogene Beiträge gibt es wenige.

Möllemann gerät indes innerparteilich selbst in Düsseldorf unter Druck. In der FDP-Landtagsfraktion sammelt sich Unmut über die Informationspolitik des Landesvorsitzenden, der niemanden vor dem Übertritt des ehemals grünen Abgeordneten Jamal Karsli zur FDP eingeweiht hatte. Der gebürtige Syrer Karsli hatte der israelischen Armee vorgeworfen, mit „Nazi-Methoden“ in den besetzen Gebieten vorzugehen und hatte deshalb bei den Grünen massive Schwierigkeiten bekommen. Die entsprechenden Äußerungen hat Möllemann der eigenen Fraktion vorenthalten und auch nicht darauf hingewiesen, dass die Pressemitteilung von Karsli auch auf der Internetseite der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, deren Vorsitzender Möllemann ist, verbreitet wurde. Öffentlich mag sich allerdings noch niemand zu seiner Kritik an Möllemann bekennen.Der verweist darauf, dass es zahlreiche neue Mitglieder gebe, die wegen seiner Israel-kritischen Haltung in die FDP eintreten; Zahlen nennt er nicht. Von der Zustimmung, die er aus den E-Mails zu lesen glaubt, schrieb er auch in einem Brief. Der Adressat: Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralrates der Juden. Darin verteidigt Möllemann noch einmal seine umstrittenen Aussagen.

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