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Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien: Migrationsexperte Brücker: „Der Sozialstaat ist nicht in Gefahr“

Zum 1. Januar 2014 wird der deutsche Arbeitsmarkt auch für Rumänen und Bulgaren vollständig geöffnet. Die CSU warnte vor einer drohenden "Armutszuwanderung". Der Migrationsexperte Herbert Brücker kann diese Befürchtung indes nicht teilen. Was erwartet Deutschland?

Ab 2014 können Rumänen und Bulgaren ohne Beschränkungen hier arbeiten. Droht Zuwanderung in die Sozialsysteme?
Durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit wird nicht der Zugang in die Sozialsysteme erleichtert – es werden Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet. Als Anfang 2011 der deutsche Arbeitsmarkt für Länder wie Polen und Ungarn geöffnet wurde, hat sich das positiv auf den Sozialstaat ausgewirkt. Der Anteil der Arbeitslosen aus diesen Ländern an der deutschen Bevölkerung sank um mehr als fünf Prozentpunkte, der Anteil der Hartz-IV-Empfänger um mehr als einen Prozentpunkt. Ob das bei Bulgarien und Rumänien ähnlich erfolgreich laufen wird, wissen wir noch nicht. Aber eine Gefahr für den deutschen Sozialstaat sehe ich nicht.

Die CSU will den Zugang zu den Sozialsysteme erschweren. Ist das notwendig?
Es ist schon heute so, dass Personen, die nach Deutschland kommen, in den ersten drei Monaten keine Sozialleistungen beziehen dürfen. Wer nicht erwerbstätig ist, muss nachweisen, dass er über ausreichende Existenzmittel und einen Krankenversicherungsschutz verfügt.

Herbert Brücker
Herbert Brücker ist Professor am Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Sein Forschungsschwerpunkt ist internationale Migration.

© IAB

Wer wird denn zu uns kommen?
Ich erwarte, dass die Qualifikation der Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien steigen wird. In den vergangenen Jahren ging sie zurück, weil mehr als 200.000 Saisonarbeitskräfte pro Jahr kamen. Ab Januar wird es nun auch wieder attraktiver für Leute mit abgeschlossener Berufsausbildung, einen Job in Deutschland zu suchen.

Brauchen die Kommunen Unterstützung?
In Kommunen wie Duisburg, Dortmund und Berlin ist die Arbeitslosigkeit hoch, und es gibt einen hohen Anteil von Rumänen und Bulgaren, die weder erwerbstätig sind noch Hartz-IV-Leistungen beziehen. Das sind vermutlich zu großen Teilen Scheinselbstständige oder Schwarzarbeiter. Diese Kommunen tragen die Kosten der Zuwanderung, profitieren aber nicht von den Gewinnen. Sie müssen kompensiert werden, dafür müssen sie aber auch Transparenz über ihre Kosten herstellen. Es gibt aber auch viele Kommunen, die keine Probleme haben. In München etwa sind Bulgaren und Rumänen nicht häufiger arbeitslos und beziehen auch nicht mehr Hartz-IV-Leistungen als die einheimische Bevölkerung. Und dort leben deutlich mehr Bulgaren und Rumänen als in Duisburg und Dortmund.

Herbert Brücker ist Professor am Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Sein Forschungsschwerpunkt ist internationale Migration.

Die Fragen stellte Cordula Eubel

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